Ziel der vorliegenden Arbeit ist es zu zeigen, daß sich das herrschende „Feindbild“ des Sozialen als dasjenige, das wissenschaftliche Resultate „verunreinigt“ und von außen infiltriert, bei Betrachtung der Forschungspraxis der Naturwissenschaften nicht aufrecht erhalten läßt. Das naturwissenschaftliche Labor zeigt sich vielmehr als ein Ort, an dem gesellschaftliche Praktiken für epistemische Zwecke instrumentalisiert und in Apparaturen der Erkenntnisfabrikation transformiert werden: das Labor ist Ort der Bemächtigung und „Verdichtung“ von Gesellschaft. Laboratorisierungsprozesse stellen die Bedingungen dafür her, daß Laboratorien als soziale Form funktionieren können. Sie werden als Prozesse des Übergangs zu einer Erzeugungslogik beschrieben, die die Einbindung von Naturobjekten in kulturelle Interaktion - und damit z. B. die Beschleunigung von Erkenntnisprozessen - ermöglicht. Objekte und Indikatoren der Erzeugungsprozesse im Labor sind Zeichen, deren Sinn und Referenz etabliert werden muß. Soziale und alltägliche Praktiken dienen der Anbindung dieser Zeichen an Referenzobjekte ebenso wie der Etablierung von Vertrauen bzw. der „Sicherung“ von Wahrheit. Zwei Praktiken werden vorgestellt: die Verwendung des Dialogs als naturwissenschaftliches Verfahren (Gesprächsapparaturen) sowie der Einsatz des Körpers des Wissenschaftlers als Instrument und Garant von Wahrheit (körperliche Meßmethoden).
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Cetina, K. K. (1988). Das naturwissenschaftliche Labor als Ort der „Verdichtung“ von Gesellschaft. Zeitschrift Für Soziologie, 17(2), 85–101. https://doi.org/10.1515/zfsoz-1988-0201
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