„Zeit“ ist seit einigen Jahren ein intensiv debattiertes Thema in der Geschichtswissenschaft. Auch in der Technikgeschichte finden zunehmend Überlegungen dazu statt. In den historischen Forschungen zu Infrastrukturen spielt der Aspekt allerdings noch eine geringe Rolle. In diesem Aufsatz möchte ich die jüngsten Ansätze aufgreifen und das Verhältnis netzgebundener Infrastrukturen zur Zeit als ein doppelseitiges Produktionsverhältnis darstellen: In Infrastrukturen lagern sich unterschiedliche Epochen mit ihren zeitlichen Kontexten als Zeitschichten ab. Dies schlägt sich nicht nur in technischen Komponenten unterschiedlichen Alters nieder, sondern auch in Organisationsstrukturen oder Handlungsroutinen. Zugleich produzieren Infrastrukturen aber auch Zeit, indem sie Art und Geschwindigkeit beeinflussen, mit der Stoffe, Personen, Informationen oder Güter durch sie zirkulieren. In diesem Aufsatz schlage ich die Nutzung von folgenden Metaphern für die Analyse dieser Zusammenhänge vor: „Zeitschicht“ und „Palimpsest“ für die in den Systemen materialisierten Folgen ihrer Geschichtlichkeit, „Einschreibung“ und „Überschreibung“ für die zugrundeliegenden Prozesse. Die Produktion von Zeitlichkeit durch die so zusammengesetzten Infrastrukturen soll in Form von „Rhythmen“ beschrieben werden, welche die Zirkulation strukturieren. In der Summe ergibt sich ein komplexes Bild: Die unterschiedlichen Zeitschichten einer Infrastruktur tragen zur Ausbildung von Rhythmen bei.
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Engels, J. I. (2020). Infrastrukturen als Produkte und Produzenten von Zeit. NTM Zeitschrift Für Geschichte Der Wissenschaften, Technik Und Medizin, 28(1), 69–90. https://doi.org/10.1007/s00048-019-00234-7
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