Der französische Philosoph Jacques Derrida gilt als der Begründer und Hauptvertreter der Dekonstruktion. Die Dekonstruktion ist zunächst eine Reaktion auf den Sachverhalt, dass es eine absolute Grundlage des Denkens nicht mehr gibt. Weder die Religion, noch die Menschheit, die Gesellschaft oder das Subjekt können ein solches Fundament liefern. Insofern ist die Dekonstruktion das Resultat der spezifisch modernen Erfahrungen von Pluralität und Relationalität; wir sprechen von den Religionen, den Menschen, den Gesellschaften oder den Subjekten. Dekonstruktion ist eine spezielle Form philosophischer Bewegung, die intensiv mit dem Denken ihres Gegenstandes verbunden ist und die sich je nach Gegenstand ändert. Dekonstruktion ist daher ständiger Perspektivwechsel, ist die Betonung von zeitlichen Veränderungen und strukturellen Differenzen. Derrida selbst gibt zu bedenken, dass seine dekonstruktive Herangehensweise „niemals die Einheit ihres Vorhabens und ihres Gegenstandes definieren, weder ihre Methoden diskursiv fassen noch die Grenzen ihres Feldes umreißen“ kann (Derrida 1983: 14). Dekonstruktion stellt somit eine Markierung und Entgrenzung traditioneller Wissenschaften dar, da sie für eine unabschließbare Art des Lesens und Schreibens steht. Für Derrida sind Dekonstruktionen – er spricht lieber vom Plural – Erfahrungen von Differenzen.
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Zirfas, J. (2010). Jacques Derrida: Das andere Kap. Die vertagte Demokratie. Zwei Essays zu Europa. In Schlüsselwerke der Identitätsforschung (pp. 241–258). VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-92196-9_14
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