Einführung

  • Eckart W
N/ACitations
Citations of this article
1Readers
Mendeley users who have this article in their library.
Get full text

Abstract

Von allen viralen Infektionskrankheiten, die die Menschheit global bedrohen, scheint bislang allein die Pockenkrankheit besiegt und weitestgehend -- bis auf einige Artenproben in Laboratorien der USA und Russlands -- verschwunden zu sein. Im Jahre 1980 hat die Weltgesundheitsorganisation die Pocken für ausgerottet erklärt, nachdem der letzten natürlichen Pockeninfektion in Somalia (1977) keine weiteren Fälle mehr gefolgt waren. Der bis in die achtziger Jahre gesetzlich vorgeschriebene Pockenimpfschutz ist aus diesem Grunde überflüssig geworden. Ähnlich wie für die Syphilis lässt sich auch für die „mörderischen und gemeinen`` Pocken (auch Blattern; lat. Variola, engl. smallpox), eine gefährliche Infektionskrankheit, die von Pockenviren verursacht wurde und in Europa seit Menschengedenken heimisch war, eine weltgeschichtliche Bedeutung klar belegen: Spanische Seeleute schleppten sie nämlich 1518/19 von Europa, wo sie durch alle Schichten der Bevölkerung verbreitet war, auf die westindische Insel Hispaniola (Haiti) und damit in die Neue Welt ein. Für die indianische Urbevölkerung der Tainos kam dies einer demographischen Katastrophe gleich, denn sie starb bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts fast gänzlich aus. Auch bei Cortez' Angriff auf das Azteken‐Reich (1519) und bei Pizarros Invasion in das südamerikanische Inka‐Reich (1532) sowie unter nordamerikanischen Indios wüteten tödliche Pocken‐Epidemien dramatisch. Den Pocken war schließlich am Ende des 16. Jahrhunderts die Ausrottung fast der gesamten indigenen Bevölkerung geschuldet, auch wenn dies von den Spaniern nicht beabsichtigt war. Genozidale Wirkungen vergleichbarer Art entfaltete diese Krankheit auch auf vielen pazifischen Inseln während der imperialistischen Kolonialexpansion der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, so etwa auf der Osterinsel. Dort brach 1867 eine verheerende Pockenepidemie aus, die fast die gesamte Bevölkerung dahinraffte. Hatte die Insel 1850 noch etwa 4500 Einwohner, so lebten 1876 noch 53 Männer, 26 Frauen und 31 Kinder.

Cite

CITATION STYLE

APA

Eckart, W. U. (2016). Einführung. In Jenner (pp. 1–20). Springer Berlin Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-41679-8_1

Register to see more suggestions

Mendeley helps you to discover research relevant for your work.

Already have an account?

Save time finding and organizing research with Mendeley

Sign up for free