Cognitive Finance: Neue Sicht auf Wirtschaft und Finanzmärkte

  • Rapp H
  • Cortés A
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Abstract

Der derzeitige Stand von Wissenschaft, Forschung und Erkenntnis im Bereich realer Kapitalmärkte ist wenig ermutigend. Diverse schwere Marktkrisen haben in den letzten Jahren das tradierte, oft dogmatisch verwendete Bild „effizien- ter“ Kapitalmärkte schwer erschüttert. Nach einer Phase der wissenschaftlichen Selbstgefälligkeit, definiert durch das Paradigma der sogenannten „Marktef- fizienz-Hypothese“, durchläuft die Disziplin nun eine Phase der Ernüchterung. Diese wurde – zu Recht – ausgelöst und verstärkt von den spektakulären Auswir- kungen der großen Finanzmarkt-Krise ab 2009, die vom vorherrschenden Para- digma in keiner Weise erklärt oder gar prognostiziert werden konnten. Die innere Zerrissenheit der wissenschaftlichen Diskussion zeigt sich expli- zit anhand der Nobelpreis-Verleihung 2013: In jenem Jahr erhielten mit Eugene F. Fama und Robert J. Shiller zwei Vertreter diametral entgegengesetzter Denk- schulen der Kapitalmarktforschung gleichzeitig den Nobelpreis für Wirtschaft.1 Dieser widersprüchliche Vorgang belegt eindrucksvoll, dass der heutige Stand der Wirtschafts- und Kapitalmarktforschung in einer paradoxen Denkblockade – oder sogar einer intellektuellen Krise – gefangen und folglich dringend erneuerungs- bedürftig ist. W. Brian Arthur (1994), einer der derzeit führenden Komplexitäts- forscher, beklagt: „The story of the sciences in the twentieth century is one of a steady loss of certainty.“2 Neue Ansätze dazu sind vorhanden, speziell im Bereich der Informations- und der Verhaltensökonomie. Diese werden jedoch oftmals nur isoliert betrachtet oder, mit der Arroganz des „traditionellen“ Paradigmas, ohne nähere Prüfung verworfen. Noch weitergehende, radikalere Ansätze zur Erklärung menschlichen Verhaltens und menschlicher Informations- und Entscheidungsmechanismen finden sich im Bereich der Psychologie, der Biologie und der Neurowissenschaften. All diese Erklärungsansätze leiden jedoch unter einem generellen Problem: Sie entstammen anderen Fachdisziplinen als die klassische Wirtschaftswissen- schaft, die seit langem stark mathematisch und mechanistisch geprägt und für alternative Denkschulen deshalb nur begrenzt zugänglich ist. Um dieses bizarre Verständigungs-Problem zu lösen, wird eine offene und interdisziplinäre Herangehensweise benötigt. Nur so kann das Erklärungspotential neuartiger Erkenntnisse, Modelle und Hypothesen objektiv und damit zielführend überprüft werden. Die vorliegende Arbeit versucht, sich dieser Aufgabe zu stellen und die entsprechende Fachdiskussion zu beleben. Die Arbeit untersucht deshalb zunächst im zweiten Kapitel Vorgeschichte und Genese des traditionellen Kapitalmarkt-Paradigmas. Ein Schwerpunkt liegt auf den zahlreichen Verfälschungen, Vereinfachungen und Verzerrungen, die bereits in dessen Frühphase feststellbar sind. Im dritten Kapitel entwickelt das Buch eine erweiterte Sicht realer Kapitalmärkte, die zu deutlichen Korrekturen der orthodo- xen Sichtweise führt. Im Anschluss geht die Arbeit im vierten Kapitel der Frage nach, welcher Erkenntnisfortschritt durch Einbeziehung verhaltenswissenschaft- licher Analysen erzielt werden kann. Diese Diskussion führt direkt zum neuen Forschungsbereich der sogenannten Verhaltensökonomik („Behavioral Finance“), einschließlich einer kritischen Würdigung von Möglichkeiten und Grenzen dieser Sichtweise. Im fünften Kapitel öffnet das Buch alternative und vielfach sehr radikale Wege zum Verständnis menschlicher Verhaltensweisen. Dazu werden neueste Ergeb- nisse der kognitiven Neurowissenschaft diskutiert und in den Kontext moderner Kapitalmarktforschung integriert. Anschließend versucht die Arbeit im sechsten Kapitel aufzuzeigen, wie auf Grundlage modernster interdisziplinärer Forschungsergebnisse ein neues Grundverständnis realitätsnaher Wirtschafts- und Kapitalmarktforschung entwi- ckelt werden könnte. Zu diesem Zweck wird das neue Konzept der „Cognitive Finance“ eingeführt und in seinen zentralen Grundelementen definiert. Im siebten und letzten Kapitel folgen ein konstruktiver Ausblick sowie ein Verweis auf weitere relevante Forschungsansätze.

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Rapp, H.-W., & Cortés, A. (2017). Cognitive Finance: Neue Sicht auf Wirtschaft und Finanzmärkte. Cognitive Finance.

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