Bálint-Holmes-Syndrom

  • Karnath H
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Als Bálint-Holmes-Syndrom wird die nach bilateralen Läsionen des parietookzipitalen Kortex häufig auftretende Kombination von 1. Simultanagnosie, 2. Blickbewegungsstörungen, 3. Störung der räumlichen Orientierung und 4. optischer Ataxie bezeichnet. Die Patienten sind unfähig, mehr als nur ein Objekt einer Szene gleichzeitig wahrzuneh men (Simultanagnosie). Sie führen nur sehr eingeschränkt und unsystematisch Sakkaden zur Exploration eines Gegenstandes oder einer Szene aus. Sie wissen häufig nicht, wo sich die Objekte befinden und wohin sie als nächstes schauen sollen. Ebenso sind Blickfolge- und Konvergenzbewegungen sowie der optokinetische Nystagmus gestört. Die Patienten weisen eine schwere Störung der visuellen Orientierung im Raum auf, die sowohl die aktuelle Orientierung in fremden wie in vertrauten Umgebungen als auch ihr topographisch-räumliches Gedächtnis betrifft. Darüber hinaus zeigen sie grobe Abweichungen bei zielgerichteten Bewegungen zu Objekten in ihrem Greifraum, wenn diese im peripheren Gesichtsfeld lokalisiert sind (optische Ataxie). Die Beobachtung, dass sich ein Teil der Symptomatik deutlich bessert, wenn die Patienten entweder reflexartig reagieren oder Aufgaben ohne visuelle Kontrolle durchführen, lässt vermuten, dass es sich beim Bálint-Holmes-Syndrom primär um eine Störung des visuellen Systems handelt. Die Tatsache, dass sich die Verhaltensdefizite aber gerade bei visuomotorischen Koordinationsprozessen auswirken, könnte aber auch bedeuten, dass es sich um eine Störung der multimodalen Integration von Information handelt, die zur Orientierung und zum Handeln im Raum genutzt wird.

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Karnath, H.-O. (2006). Bálint-Holmes-Syndrom. In Neuropsychologie (pp. 225–236). Springer-Verlag. https://doi.org/10.1007/3-540-28449-4_22

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