Demokratie ist die Verfassung der politischen Gleichheit. Insofern beruht sie in ausschlaggebendem Maße auf normativen Grundlagen,die bei keiner sinnvollen Analyse oder Bewertung von Demokratie außer Acht gelassen werden können. Eine Praxis oder eine Theorieder Demokratie, die glauben, ohne diesen konstitutiven normativen Bezug auskommen zu können, wären folglich ein Widersinn.Freilich reicht die normative Fundierung für die Begründung und die Stabilität in der Realität funktionstüchtiger Demokratiebei weitem nicht aus. Denn über die normative Grundlage der politischen Gleichheit hinaus stellt sich eine Vielzahl praktischerund theoretischer Frage, die alle einer überzeugenden Antwort bedürfen. Zu ihnen gehören die folgenden: Welches Ausmaß faktischerpolitischer Teilhabegleichheit muss mindestens erfüllt sein? Wie ist diese am besten zu organisieren? Welches Verhältnis zwischenTeilhabegleichheit und Ergebnissicherung im Sinne von Mehrheitsinteressen ist wünschenswert? Die Antworten auf diese Fragenhaben in der Geschichte der Demokratietheorie stets ein weites Spektrum umfasst, das von der fast ausschließlichen Betonungder Gleichheitsforderung bis zur überwiegenden Betonung von Ergebnisorientierung und Stabilität reichte. In neuerer Zeit hatsich für die beiden Pole dieses Spektrums die im Grunde irreführenden Bezeichnung normative bzw. realistische Demokratietheorie eingebürgert.
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Normative und realistische Demokratietheorien. (2009). In Was ist Demokratie? (pp. 69–73). VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-91434-3_10
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