Von der Disziplin zur Sicherheit. Foucault und die Kriminologie

  • Krasmann S
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Kriminalität ist keine objektive Kategorie, sie beschreibt kein Verbrechen, sondern ist das Resultat erfolgreicher und so lautete das Credo der kritischen Kriminologie. Kriminalität ist keine Eigenschaft von bestimmten Verhaltensweisen und daher nicht objektiv beobachtbar, sie ist nur identifizierbar in Relation zu bestimmten Regeln, die die Gesellschaft sich selbst auferlegt. Streng genommen ist Kriminalität deshalb niemals allein aufs Individuum zurückzuführen, sondern vor allem ein soziales Produkt (Becker 1963; Sack 1968). Selbst das, was man in der Jurispudenz oder Psychologie als Motiv bezeichnet, ist genuin sozial, nämlich stets auf (anonyme) Andere bezogen (Weber 1976). Freilich hat diese Einsicht auch in die Rechtsprechung Eingang gefunden, vor allem bei der Strafzumessung, die die Schuld ins Verhältnis zum situativen, biographischen und sozialen Kontext setzen soll. Doch sieht das traditionelle Strafrecht nur den Täter vor, der sich verantworten muss, soziale Prozesse oder gar Machtstrukturen hingegen kann es kaum verarbeiten. Auch das Risikostrafrecht, das abstrakte Gefährdungsdelikte wie Umweltverschmutzung oder Drogenbesitz anvisiert, zielt letztlich darauf, konkrete Personen strafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen und einen Täter, wenn auch mühsam, zu konstruieren (Sessar 1998); ganz zu schweigen von den jüngsten Bemühungen um eine internationale Strafgerichtsbarkeit, die zwar auch die sozialen und politischen Verwicklungen der großen Menschheitsverbrechen aufzuarbeiten sucht (Jäger 2006), doch je prominenter die Protago-nisten, um so mehr scheint sie das Bild einer individualisierbaren Verantwortlichkeit in der öffentlichen Wahrnehmung zu vermitteln.

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Krasmann, S. (2008). Von der Disziplin zur Sicherheit. Foucault und die Kriminologie. In Foucaults Machtanalytik und Soziale Arbeit (pp. 155–168). VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-90710-9_10

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