Von sozialen Segmentationsmustern zu reden, meint mehr als nur temporäre soziale Benachteiligungen. Die Kategorie der Segmentationsmuster zielt auf relativ dauerhafte Ungleichheitsverteilungen in der Teilhabe an gesellschaftlichen Gütern – in unserem Fall an der Berufsbildung. Segmentationsmuster sind begründet in institutionellen Arrangements und Verhaltensnormierungen sowie in strukturellen Entwicklungen, die ihnen relative Stabilität und Dauerhaftigkeit verleihen. In der Berufsbildung ist lange Zeit die Unterprivilegierung – man kann auch von Ausschluss sprechen – von Mädchen/jungen Frauen im Zugang zu dualer Berufsausbildung in der Hochphase fordistischer Industrialisierung das prominenteste Beispiel für solch ein Segmentationsmuster gewesen (vgl. Krüger 1999; 2004). Der Hauptsektor der Wirtschaft, die Industrie, privilegierte mit technisch ausgerichteter Fach- und körperlich anstrengender Massenarbeit die männlichen Jugendlichen. Die bürgerlichen Stereotype geschlechtsspezifischer Arbeitsteilung in der Gesellschaft taten ein Übriges, um den Mädchen den Zugang zur dualen Berufsausbildung zu erschweren oder zu versperren. Dieses alte Segmentationsmuster wirkt bis heute nach – insbesondere in den geschlechtsspezifischen Berufszuweisungen (Männer mehr zu den gewerblich-technischen, Frauen mehr zu sozialen und kaufmännischen Berufen) –, auch wenn sich mit dem Wandel zur Dienstleistungsökonomie die Ausbildungsmöglichkeiten für junge Frauen sukzessive verbessert haben.
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Baethge, M. (2011). Neue soziale Segmentationsmuster in der beruflichen Bildung. In Bildungsungleichheit revisited (pp. 277–300). VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-93403-7_15
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