In den fünfziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts begann in Psychiatrie, Psychosomatischer Medizin und Klinischer Psychologie die zunehmend systematische Erforschung von Effekten und Wirkweisen psychotherapeutischer Behandlungen. Bis in die achtziger Jahre dominierten dabei quantitative Forschungsdesigns. Qualitative Psychotherapieforschung konnte sich dennoch durch das unmittelbare Anknüpfen an Forschungstraditionen der interaktionistisch ausgerichteten Soziologie, namentlich der Verstehenden Soziologie, der Sozialphilosophie und dem symbolischen Interaktionismus, entwickeln (Strauss 1991). Hier wurden gesellschaftliche Mikroprozesse sowie subtile Phänomene des sozialen Alltags als Ergebnis aufeinander bezogenen Handelns (der Interaktion) von Akteuren verstanden (Frommer & Streeck 2003). Die meisten Datengewinnungs- und Datenanalysemethoden der qualitativen Psychotherapieforschung gehen daher neben sprachwissenschaftlichen auf soziologische Ansätze zurück (Buchholz & Streeck 1999), so z.B. Konversations- und Kontextanalyse, Grounded-Theory-Methodologie, sprachanalytische Verfahren, hermeneutische Verfahren, Metaphern- und Erzählanalyse, das Konzept der komparativen Fallstudie, das Konzept der Idealtypen sowie die qualitative Inhaltsanalyse (Faller & Frommer 1994). Trotz des Widerstandes der Forscher/innengemeinschaft nahmen das Interesse an und die Zahl von qualitativen Psychotherapiestudien im deutschen und angloamerikanischen Sprachraum seit den frühen neunziger Jahren stetig zu (Rennie 2004; Frommer, Langenbach & Streeck 2004). Mittlerweile wurden zahlreiche Buchbeiträge und Monografien verfasst (z.B. McLeod 2001), Symposien und Konferenzen organisiert (z.B. „International Conference on Qualitative Research in Psychotherapy``, 1996 in Düsseldorf und 2003 in Magdeburg) und Fachzeitschriften gegründet (z.B. „Psychotherapie & Sozialwissenschaft. Zeitschrift für Qualitative Forschung und klinische Praxis`` oder „Counselling and Psychotherapy Research``).
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Frommer, J., & Lange, J. (2010). Psychotherapieforschung. In Handbuch Qualitative Forschung in der Psychologie (pp. 776–782). VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-92052-8_55
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