Im Sommer 2005 forderte der damalige französische Innenminister und spätere Präsident Nicolas Sarkozy angesichts von Gewalttaten in den großstädtischen Banlieues, man müsse die Vorstädte „mit dem Kärcher“ säubern und die Gesellschaft auf diese Weise gewissermaßen von ihrem hartnäckigen gesellschaftlichen Bodensatz befreien. Auch wenn sich das Unternehmen Kärcher gegen die Benutzung seines Namens aufgrund der Befürchtung eines Imageverlustes wehrte, so hatte sich das transportierte Bild des Hochdruckreinigers doch bereits in vielen Köpfen festgesetzt: Im Januar 2010 sah sich die französische Staatssekretärin Fadela Amara – angesichts des gewaltsamen Todes eines Kindes während eines Bandenstreits – zu einer ähnlichen Formulierung veranlasst: „Ja, man muss mit dem Kärcher drübergehen und diese Gewalt ausrotten, die unsere Kinder in den Vorstädten umbringt“ (Spiegel Online 11.01.2010). Die ideologische Funktion dieses Bildes scheint evident: Gesellschaftliche Randständigkeit und soziale Missstände werden als Ordnungsprobleme der „Oberfläche“ dekliniert, denen mit Härte begegnet werden muss, während tiefer reichende soziale und gesellschaftliche Ursachen in den Hintergrund treten.
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Dollinger, B., & Schmidt-Semisch, H. (2011). Mit dem Hochdruckreiniger gegen soziales Elend? In Gerechte Ausgrenzung? (pp. 11–24). VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-94083-0_1
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