Die Verweisungstechnik im System horizontaler und vertikaler Gewaltenteilung

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[rb 2009] Zusammenfassung auf S. 220f. des Beitrags: Begriff, Funktion und Formen der Verweisung Neben der ausdr{ü}cklichen Verweisung bedient sich der Gesetzgeber h{ä}ufig - wie etwa bei Legaldefinitionen - der sprachlichen Form der stillschweigenden Verweisung. Die konstitutive, "echte" Verweisung ("Verweisung im engeren Sinne") ist ein gesetzgebungstechnisches Instrument der Vervollst{ä}ndigung einer (partiell) unvollst{ä}ndigen Norm durch (Elemente) eine(r) andere(n) Norm. Die Verweisung dient funktional der Gesetzes{ö}konomie, der Systematisierung und der Beteiligung von Personen und Institutionen au{\\ss}erhalb der Legislative an der Gesetzgebung. Die Verweisungsnorm: Unvollst{ä}ndigkeit im Tatbestand und/oder in der Rechtsfolge, Fiktion und Blankettgesetz. Das Verweisungsobjekt: sachlicher, r{ä}umlicher und zeitlicher Geltungsbereich. Die Verweisungsnorm nimmt "statisch" auf die z. Zt. geltende, "dynamisch" auf die "jeweilige Fassung" eines Verweisungsobjektes Bezug. Unver{ä}nderte und ver{ä}nderte {Ü}bernahme; die Verweisungsanalogie. Verweisung von formell-gesetzlichen Normen auf Rechtsverordnungen, Verwaltungsvorschriften und Verweisungsobjekte ohne Rechtsqualit{ä}t. Verweisung von Bundesrecht auf Landesrecht und ungekehrt [sic]. Verweisungstechnik und Grundgesetz Die (echte) Verweisung {ü}bernimmt den Wortlaut des Verweisungsobjektes, seinen Inhalt, in die Verweisungsnorm. Das Verweisungsobjekt wird - soweit und in der Form, in der verwiesen wird - Bestandteil der Verweisungsnorm und erh{ä}lt f{ü}r deren Bereich durch sie den Geltungsbefehl. Die dynamische Verweisung eines Gesetzes auf eine Rechtsverordnung oder Verwaltungsvorschrift ist unter dem Prinzip rechtsstaatlicher Gewaltenteilung eine apokryphe Erm{ä}chtigung der Verwaltung zum Erla{\\ss} von Rechtsvorschriften und wegen Umgehung des Artikels 80 Abs. 1 GG verfassungswidrig. Blankettgesetze sind gem{ä}{\\ss} Artikel 103 Abs. 2 GG dann verfassungsgem{ä}{\\ss}, wenn die Grenze der Tatbestandsbestimmtheit durch ein materielles Gesetz erreicht wird. Eine Blanketterg{ä}nzung durch Verordnungen und Satzungen ist zul{ä}ssig, durch Verwaltungsvorschriften und Anordnungen Privater hingegen unzul{ä}ssig. Soweit Blankettstrafgesetze Freiheitsstrafen androhen, mu{\\ss} gem{ä}{\\ss} Artikel 104 Abs. 1 GG schon das f{ö}rmliche Gesetz tatbestandsbestimmt sein. / Die Verk{ü}ndung eines Gesetzes im Gesetz- und Verordnungsblatt ist Schlu{\\ss}akt und wesentlicher Bestandteil des rechtsstaatlichen Gesetzgebungsverfahrens. Die Verweisung auf ordnungsgem{ä}{\\ss} verk{ü}ndete Vorschriften - Gesetze, Rechtsverordnungen - ist zul{ä}ssig; die Verweisung auf nicht geh{ö}rig publizierte Anordnungen - interne Verwaltungsvorschriften, Anordnungen nicht{ö}ffentlicher Institutionen - ist verfassungswidrig. Unter dem rechtsstaatlichen Postulat der Gesetzesklarheit bestehen Bedenken gegen Formen der dynamischen Verweisung, Verweisungsanalogien, ("Angst"-)Gleitklauseln in den Schlussvorschriften von {Ä}nderungsgesetzen, Kettenverweisungen und Verweisungsh{ä}ufungen. Der demokratische Staat des Grundgesetzes ist insoweit "Gesetzgebungsstaat", als nur das Parlamentsgesetz Rang und Pr{ä}dikat der demokratischen Mehrheitsentscheidung besitzt. Die dynamische Verweisung eines formellen Gesetzes auf ein anderes Gesetz bei Identit{ä}t des Gesetzgebers ist nicht zu beanstanden. Die dynamische Verweisung auf Vorschriften der Exekutive oder gar Privater ist demokratiewidrig. Im demokratischen Bundesstaat des Grundgesetzes ist gegen die Verweisung bei iden¬tischem Gesetzgeber nichts einzuwenden. Die dynamische Verweisung eines Bundesge¬setzes auf ein Landesgesetz oder eines Landesgesetzes auf das Gesetz eines anderen Landes ist unzul{ä}ssig. Hingegen ist gegen die Verweisung eines Landesgesetzes auf ein Bundesgesetz wegen der Einheit der Rechtsordnung nichts einzuwenden.

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Karpen, U. (1976). Die Verweisungstechnik im System horizontaler und vertikaler Gewaltenteilung. In Studien zu einer Theorie der Gesetzgebung (pp. 221–243). Springer Berlin Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-52190-4_14

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