Nach den in Kapitel 4 angestellten Überlegungen können relative Häufigkeiten im Fall wiederholbarer Experimente als empirische Gewissheitsgrade für das Eintreten von Ereignissen angesehen werden. Die Frage, auf welche Fundamente sich eine „Mathematik des Zufalls “ gründen sollte, war lange Zeit ein offenes Problem; erst 1933 wurde durch A. N. Kolmogorow1 eine befriedigende Axiomatisierung der Wahrscheinlichkeitsrechnung erreicht (siehe hierzu [KR2]). Der Schlüssel zum Erfolg einer mathematischen Grundlegung der Wahrscheinlichkeitsrechnung bestand historisch gesehen darin, Wahrscheinlichkeiten nicht inhaltlich als „Grenzwerte“ relativer Häufigkeiten definieren zu wollen, sondern bescheidener zu sein und nur festzulegen, welche formalen Eigenschaften Wahrscheinlichkeiten als mathematische Objekte unbedingt besitzen sollten. Wie in anderen mathematischen Disziplinen (z.B. Zahlentheorie, Geometrie, Algebra) werden somit auch die Grundbegriffe der Stochastik nicht inhaltlich definiert, sondern nur implizit durch Axiome beschrieben. Diese nicht beweisbaren Grundpostulate orientieren sich an den Eigenschaften (4.2) – (4.4) relativer Häufigkeiten.
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Henze, N. (2010). Endliche Wahrscheinlichkeitsräume. In Stochastik für Einsteiger (pp. 39–47). Vieweg+Teubner. https://doi.org/10.1007/978-3-8348-9351-2_7
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