Jede zehnte unerwünschte Arzneimittelwirkungbetrifft die Leber. Medikamentöse Leberschädensind in westlichen Ländern die häufigsteUrsache für fulminantes Leberversagenund der häufigste Grund, weshalb Medikamentewieder vom Markt genommen werden[1]. Leberzellschäden, die während der präklinischenEntwicklung einer neuen Wirksubstanzin Modellsystemen auftreten, bedeutenin der Regel das Ende der Entwicklung despotentiellen Medikaments. Deshalb tretenArzneimittel-assoziierte Hepatopathien in derRegel idiosynkratisch, also unvorhersehbar,dosisunabhängig und mit niedriger Inzidenzauf. Da bis zur Zulassung eines neuen Medikamentesselten mehr als einige Tausend Patientenlängere Zeit mit dem neuen Wirkstoff behandeltworden sind, ist es nicht erstaunlich,dass hepatotoxische Nebenwirkungen meisterst nach der Marktzulassung entdeckt werden.Warum nur ein Bruchteil der behandeltenPatienten mit einem Medikament Problemebekommt, ist eine noch weitgehend ungelösteFrage. Die genetische Konstellation und Umwelt-Faktoren dürften die grossen interindividuellenUnterschiede in der Empfindlichkeitgegenüber hepatotoxischen Nebenwirkungenvon Medikamenten erklären. Die Inzidenz vonmedikamentösen Leberschäden ist bei vorbestehendenLebererkrankungen nicht erhöht.Hingegen wird beim Leberkranken mit eingeschränkterfunktioneller Reserve ein zusätzlichermedikamentöser Schaden eher zumLeberversagen führen.Um ein Arzneimittel als potentiell hepatotoxischinkriminieren zu können, ist eine gewisseAnzahl gut dokumentierter Fälle nötig,die um so höher ist, je häufiger die gleiche klinisch-pathologische Präsentation auch ohnedas fragliche Medikament auftritt. Deshalb istes wichtig – und auch ein gesetzlicher Auftragdes behandelnden Arztes –, verdächtige Fällezu melden. Nur die kollektive Erfahrung wirdeine zuverlässige Datenbasis liefern, aufgrundderer allenfalls Massnahmen im Interesse derPatienten begründet und getroffen werden können.
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Russmann, S., & Lauterburg, B. (2002). Medikamentös-toxische Leberschäden. Swiss Medical Forum ‒ Schweizerisches Medizin-Forum. https://doi.org/10.4414/smf.2002.04688
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