Wer, als Personalverantwortlicher oder Lehrender, schon einmal damit befasst war, F{ü}hrung in Organisationen zu gestalten bzw. zu vermitteln und daf{ü}r nach theoretischen Grundlagen gesucht hat, wird sich im vorstehenden Zitat vermutlich wiederfinden. Aus Rezipientensicht steht die schiere Masse einschl{ä}giger Ver{ö}ffentlichungen ganz einfach im Widerspruch zu ihrem eher beschr{ä}nkten Erkl{ä}rungswert. Freilich soll das Tucholsky-Zitat die etablierten F{ü}hrungstheorien keineswegs pauschal abwerten. Viele von ihnen beruhen auf scharfsinnigen {Ü}berlegungen, die meisten werden seit Jahrzehnten empirisch untersucht und immer weiter verfeinert. Sie behandeln jeweils bestimmte Ausschnitte des Gesamtph{ä}nomens F{ü}hrung aus bestimmten Perspektiven und tragen damit zum Gesamtbestand des verf{ü}gbaren Wissens bei. Die Tatsache, dass sie weder einzeln noch in Summe ein umfassendes Verst{ä}ndnis und vor allem keine systematische Gestaltung funktionierender Personalf{ü}hrung erm{ö}glichen, darf nicht dazu verleiten, die wichtigen theoretischen Impulse zu ignorieren, die in ihnen durchaus enthalten sind. Sehr treffend benutzt Kieser (1995) f{ü}r Organisationstheorien die alte Metapher von den Blinden und dem Elefanten: Jeder von ihnen ertastet nur ein K{ö}rperteil -- Bauch, Ohr, Bein, R{ü}ssel, Schwanz -- und beschreibt den Elefanten anschlie{ß}end aus seiner eingeschr{ä}nkten Perspektive entweder als Mauer, F{ä}cher, Baumstamm, Schlange oder Seil.
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Kaehler, B. (2017). Kritische Würdigung etablierter Führungstheorien. In Komplementäre Führung (pp. 83–152). Springer Fachmedien Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-05883-8_3
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