Mollusca, Weichtiere

  • Storch V
  • Welsch U
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Die Mollusca (Weichtiere) haben eine besondere Bedeutung für menschliche Kulturen erlangt. Diese beruht vor allem auf den Schalen, die von den meisten Mollusken gebildet werden (Abb. 73a, b: elektronenmikroskopische Aufnahmen von Perlmutt-(a) und Prismenschicht (b)). Schneckenge-häuse haben länger als jede andere Währung als Zahlungsmittel gedient, andere Schalen wurden und werden als Schmuck verwendet, sind am Aufbau von Bausteinen beteiligt und können Spei-chergestein für Erdöl darstellen. Schon seit 1500 v. Chr. fand die marine Porzellanschnecke (Kauri), insbesondere Cypraea mo-neta (Abb. 73c), in China und später auch anderswo als Zahlungsmittel Verwendung. Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts konnte man in manchen Gebieten der Südsee und in Afrika mit Kauris ein-kaufen. Dann setzte eine Inflation ein. Allein im 19. Jahrhundert hat man schätzungsweise 75 Milli-arden Kauris aus dem Indopazifik nach Westafrika transportiert. Noch heute zeigt die chinesische Schrift den engen Zusammenhang von Schnecke und Reichtum, kaufen und wertvoll (Abb. 73c). Als Schmuck und für Einlegearbeiten werden seit langem Perlen geschätzt (Abb. 73d), die aus der inneren Schicht der Schalen bestimmter Schnecken, Muscheln und Kopffüßer (dem Hypostra-cum, der Perlmuttschicht; Abb. 73a) gebildet werden. Bis ins frühe 20. Jahrhundert wurden Perlen insbesondere im Persisch-Arabischen Golf ertaucht. Dann produzierte Japan Zuchtperlen, derzeit übernimmt China die Führung. Der Großteil der Perlen stammt aus marinen Muscheln (Pinctada), aber auch im Süßwasser gibt es Perlmuscheln (bei uns die inzwischen vom Aussterben bedrohte Margaritifera); in China werden in besonderem Umfang Süßwasserperlen hergestellt (Hyriopsis). Verschiedene Landschaften werden von Gesteinen dominiert, die in großem Umfang aus Mol-lusken-Schalen bestehen. In Deutschland ist der triassische Muschelkalk sogar danach benannt; in vielen Landstrichen wurden ganze Ortschaften und bekannte Gebäude aus Muschelkalk herge-stellt, z.B. das Berliner Olympiastadion und der Stuttgarter Hauptbahnhof (Abb. 73e). Im Ostsee-raum sind oft silurische Cephalopoden in Bausteinen zu sehen (Abb. 73f zeigt den Greifswalder Dom und ein Cephalopoden-Gehäuse aus dem Bodenbelag). In anderen Gebieten, den ehemaligen küstennahen Regionen des Tethys-Meeres, welches einmal die Erde umspannte, sind Rudisten-Kalke (Abb. 73g) verbreitet. Rudisten sind im Mesozoikum vorkom-mende, bis 1 m hohe Muscheln, die riffartige Strukturen bildeten. Heute sind sie wichtige Erdölspei-chergesteine. Der letzte Meeresvorstoß in Mitteleuropa vor etwa 21–16 Millionen Jahren hat in manchen Gebieten, z.B. in der Oberrheinebene südlich von Mainz, umfangreiche Mollusken-Ansammlungen zurückgelassen, die als Baustein oder als Zementrohstoff abgebaut werden (z.B. Hydrobienkalk). Auch die Weichteile der Mollusken haben Kulturen beeinflusst und werden bis heute sehr ge-schätzt. Lange galt Purpur als Symbol der Macht. Purpur wird aus dem Sekret der Hypobranchi-aldrüse insbesondere der Meeresschnecke Murex (Purpur schnecke) hergestellt. Für die Färbung eines Gewandes brauchte man bis 12 000 Schnecken. Purpurgewänder waren über lange Zeit weltlichen Führern und kirchlichen Würdenträgern vorbehalten, heute uniformieren sich Millionen Menschen mit einer ähnlichen, synthetisch hergestellten Farbe (Blau von Genua, Bleu de Gêne, verballhornt zu Blue Jeans). Schließlich sind Mollusken eine verbreitete Nahrungsgrundlage. Weinbergschnecken (Helix, Abb. 73h) werden (insbesondere in Frankreich) wie auch andere Schnecken gezüchtet und geges-sen, ebenso viele Muscheln (insbesondere Miesmuscheln (M ytilus) und Austern (Ostre a, Abb. 73i) sowie zahlreiche Kopffüßer (Tintenfische, " Calamares "). Wissenschaftliche Bedeutung erlangten insbesondere die Cephalopoden. Sie besitzen in ihrem Nervensystem Riesenaxone, an denen wesentliche Grundlagen der Neurophysiologie erarbeitet wurden.

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Storch, V., & Welsch, U. (2014). Mollusca, Weichtiere. In Kükenthal Zoologisches Praktikum (pp. 130–179). Springer Berlin Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-41937-9_7

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