Humane Immundefizienzviren (HIV-1, HIV-2)

  • Schulz T
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HIV-1 und HIV-2 gehören zum Genus Lentivirus in der Familie der Retroviren. Retroviren sind (+)-Strang-RNA-Viren, deren RNA-Genom kurz nach Eintritt in die Zelle durch eine virale Polymerase, die reverse Transkriptase, in eine DNA-Kopie umgewandelt wird (Baltimore-Schema, 7 Kap. 51, . Abb. 51.4). Der »Fluss« der genetischen Infor-mation läuft bei diesen Viren also von RNA zu DNA, d. h. umgekehrt wie bei allen anderen Lebewesen, daher der Begriff »Retrovirus«. Das Genus Lentivirus umfasst eine Gruppe von Retroviren mit komplexem Genomaufbau, die bei Primaten, Pferden, Schafen, Ziegen, Rindern und Katzen vorkommen. Die beiden humanpathogenen Immundefi-zienz-Retroviren sind HIV-1 und HIV-2. Geschichte des HIV, Epidemiologie und Bedeutung für die Forschung Als Klinikern in New York und San Francisco im Jahr 1981 die ungewöhn-liche Häufung von Pneumocystis-jirovecii-Pneumonien, anderen opportu-nistischen Infektionen und einer aggressiven Variante des Kaposi-Sarkoms bei jungen homosexuellen Männern auffiel, hätten sie wohl nicht im Traum daran gedacht, dass sich diese Erkrankung als eine der großen Seuchen des 20. Jahrhunderts erweisen würde. Die WHO schätzt, dass im Jahr 2009 ca. 33 Mio. Menschen mit HIV infiziert sind – ein leichter Rückgang gegenüber früheren Jahren –, ca. 2,6 Mio. neu infiziert wurden, ca. 1,8 Mio. an den Folgen dieser Infektion starben. Der größte Teil dieser Infektionen findet in ärmeren Ländern, v. a. in den Ländern Afrikas südlich der Sahara und in Asien statt. In manchen dieser Länder hat HIV die Bevölkerungsstruktur und allgemeine Lebenserwar-tung bereits signifikant geändert: es sterben vorwiegend Erwachsene in einem Alter, in dem sie als Erwerbstätige und Erzieher der jüngeren Generation einen wichtigen Beitrag zum Erhalt ihrer Familien und der Gesellschaft insgesamt leisten sollten. Angesichts der globalen Bedeutung von HIV für öffentliche Gesund-heitssysteme wurden zuvor nicht gekannte Anstrengungen unternom-men, einen Impfstoff und neue Medikamente gegen dieses Virus zu ent-wickeln. Während die Suche nach einem wirksamen Impfstoff bis jetzt erfolglos geblieben ist, verfügen wir heute über mehr als 20 verschiedene Chemotherapeutika gegen HIV, die verschiedene Schritte im Lebenszyklus des Virus inhibieren. Die mit diesen Substanzen gewonnene klinische und virologische Erfahrung hat auch wertvolle neue Anstöße für die Behandlung anderer viraler Erkrankungen geliefert: Einige der gegen HIV entwickelten Subs-tanzen hemmen auch die Replikation anderer Viren (z. B. 3TC/Lamivudin bei HBV). Zudem finden neue Konzepte der antiviralen Therapie (Kom-binationstherapie, Bedeutung der Viruslast als prädiktiver Parameter für Therapieerfolg, molekularbiologische Methoden der Resistenztestung) heute auch bei anderen Viruserkrankungen Anwendung. Schließlich stellt die HIV-Epidemie ein Paradebeispiel für eine vom Tier auf den Menschen übertragene Zoonose und eine »emerging infec-tious disease« dar und illustriert eindrücklich, dass »neue« Infektions-krankheiten auch in Zukunft das Potenzial für eine ernsthafte Bedrohung der gesamten Weltbevölkerung beinhalten können.

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Schulz, T. F. (2012). Humane Immundefizienzviren (HIV-1, HIV-2) (pp. 508–521). https://doi.org/10.1007/978-3-642-24167-3_66

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