Individuelle Unterschiede werden in der Kognitionspsychologie und auch in weiten Teilen der Sozialpsychologie nicht berücksichtigt. Deshalb erscheinen am Anfang dieses Kapitels einige methodologische Überlegungen über individuelle Unterschiede in der Selbststeuerung angebracht. Die Gründe für diese Vernachlässigung individueller Unterschiede sind in der Psychologie kein Gegenstand systematischer Diskussion, sondern gehören meist den unausgesprochenen Vorannahmen wissenschaftlicher Arbeit an. Fragt man Wissenschaftler, die individuelle Unterschiede in ihrer Forschung nicht berücksichtigen, nach ihren Gründen, so wird besonders in den USA häufig ein sozialpolitisches Argument ins Feld geführt: Wenn man dispositionellen Merkmalen Beachtung schenkt, verpasst man Chancen für den sozialen Wandel. Diese Einschätzung beruht auf der Vorstellung, dass situative Einflüsse grundsätzlich leichter zu ändern sind als persönliche. Dem steht die Alltagserfahrung entgegen, dass viele Menschen täglich situativen Einflüssen ausgesetzt sind, die sich nicht immer leicht ändern lassen (z. B. eine kranke Mutter in der Familie, ein geringes Einkommen, eine marode Staatswirtschaft etc.).
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Kuhl, J. (2010). Individuelle Unterschiede in der Selbststeuerung. [Individual differences in self-guidance]. Motivation and Handeln, (May 2014), 337–361. Retrieved from http://dx.doi.org/10.1007/978-3-642-12693-2_13
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