Auf den ersten Blick wird man bei einer unbedarften Lektüre des Foucaultschen Werks durchaus Gesichtspunkte finden, die bei der Erforschung des Nationalsozialismus zum Tragen kommen könnten. Mit der Geschichte des Wahnsinns ([1961] 1968) oder des Gefängnisses ([1975] 1994) hat sich Michel Foucault gesellschaftlichen Gruppen zugewandt, die marginalisiert und zum Ziel umfassender Kontroll- und Normalisierungspolitiken wurden. Die dort entwickelten Kategorien der Ausschließung, Kriminalisierung und Disziplinierung scheinen auch zur Analyse des nationalsozialistischen Herrschaftssystems geeignet. Ebenso könnte Foucaults Macht- und Herrschaftsverständnis, das den Zusammenhang von Wissen, Macht und Subjektivierung thematisiert, etwa bei der Betrachtung der Wissenschaften oder der {NS-Rassenpolitik} neue Einsichten eröffnen. Fragen, die die Forschung seit langem beschäftigen, wie die nach der Akzeptanz und den weltanschaulichen Legitimationen des {NS-Regimes} in der Bevölkerung, nach dem Verhältnis von Unterdrückung, Duldung oder Unterstützung, nach Bruch und Kontinuität ließen sich unter einer diskursanalytischen Perspektive möglicherweise auf neue Art aufwerfen. All dies ist aber in den letzten Jahrzehnten nur vereinzelt und sehr zögernd geschehen. Welche grundsätzlichen Zweifel sind es, die in der sozialwissenschaftlichen und historischen {NS-Forschung} gegen Foucault sprechen? Und wie, wenn überhaupt, lassen sich diese Einwände ausräumen? Das Ziel des folgenden Artikels besteht darin, das Potenzial einer an Foucault orientierten Perspektive auf den Nationalsozialismus mit aller gebotenen Vorsicht zu erkunden.
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Schneider, S. (2007). Diskurse in der Diktatur? Überlegungen zu einer Analyse des Nationalsozialismus mit Foucault. In Foucault: Diskursanalyse der Politik (pp. 123–144). VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-90475-7_6
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