Religion und Wertorientierungen

  • Pickel G
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Wurde in der frühen Religionssoziologie das Augenmerk eher auf religiöse Hand­ lungen, zumeist mit Bezug zur Kirche, gelegt, so hat sich mit einer verstärkten Ausbreitung der Umfrageforschung dieser Fokus erweitert. So kommen nun auch Formen der Religiosität in den Blick, die sich nicht zwingend in Handlungen aus­ drücken. Religiöse Einstellungen und Wertorientierungen geben Auskunft über die sozialpsychologischen Aspekte von Religiosität. Gerade dem Bereich der dauerhafteren Wertorientierungen kommt für die subjektive Verankerung von Religion Bedeutung zu, stellen sie doch Leitorientierungen dar, denen sich Men­ schen in der Regel ihr Leben lang verbunden fühlen. Wertorientierungen entste­ hen in der Sozialisationsphase, verfestigen sich im Lebensverlauf und behalten eine grundlegende Prägekraft für die Lebensgestaltung des Individuums. Im Rah­ men der Diskussionen um Säkularisierung, Transformation des Religiösen und Wertewandel stellt sich verstärkt die Frage, ob religiösen Wertorientierungen in modernen Gesellschaften überhaupt noch größere Bedeutung zukommt, ob sich diese in Abhängigkeit von allgemeinen, übergeordneten Wertorientierungen und Normen verändert haben und ob sie noch die ihnen unterstellte Stabilität auf­ weisen. Hier ist der Blick auf das Verhältnis zwischen allgemeinen Wertorientie­ rungen und Religiosität zu richten. Speziell der Wertewandel von traditionellen Wertorientierungen zu Selbstentfaltungswerten wird als "Motor" für Prozesse der Säkularisierung angesehen. Die Wertorientierungen nehmen dabei die Position des Mittlers oder der Brücke zwischen strukturellen Entwicklungen (Modernisie­ rung) und Religion ein. Empirisch sind die allgemein zurückgehenden traditio­ nalen Wertorientierungen, wie Sicherheit und Traditionalität, eng mit Religiosität verbunden, während die im Aufschwung begriffenen Wertorientierungen Selbst­ entfaltung und Hedonismus dieser eher entgegenstehen. Religiosität besitzt da­ bei, vermittelt über allgemeine Wertorientierungen, Bezüge zu Vorstellungen im Lebensbereich Familie oder hinsichtlich von Geschlechterrollen. Auch diese be­ reichsspezifischen Wertorientierungen befinden sich im Wandel. Offen bleibt, ob neben einer verstärkt auftretenden Neigung zu rational­säkularen Wertorientie­ rungen auch auf Selbstverwirklichung zielende individualistische Lebenskonzep­ te ein dauerhaftes Produkt des Wertewandels darstellen. D. Pollack et al. (Hrsg.), Handbuch Religionssoziologie, Veröffentlichungen der Sektion Religionssoziologie der Deutschen Gesellschaft für Soziologie, https://doi.

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Pickel, G. (2018). Religion und Wertorientierungen. In Handbuch Religionssoziologie (pp. 957–979). Springer Fachmedien Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-531-18924-6_39

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