Walter Benjamin hat in seiner Schrift Ursprung des deutschen Trauerspiels, mit der er sich 1925 an der Frankfurter Universität habilitieren wollte1, einen funktionalen Melancholiebegriff entworfen, der die diskursive, eine lange Traditionsgeschichte in ihren Dienst nehmende Konstitution der Melancholie in paradigmatischer Weise konfigurativ umbesetzt. Die enge Korrelierung von Allegorie und Melancholie, die Benjamin dabei vornimmt, greift einen für die Melancholiegeschichte fundamentalen, aber zuvor nicht explizierten Repräsentationszusammenhang auf. Indem Benjamins Rekonstruktion den Spuren der auch in der vorliegenden Untersuchung nachgezeichneten melancholiegeschichtlichen Traditionslinie folgt, trägt sie zu deren Kohärenzbildung bei und reiht sich ihr selbst als abschließende Position ein. Nicht zufällig wurde Benjamin daher zum Kronzeugen der postmodernen Faszination durch das Thema ›Melancholie‹.2
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Wagner-Egelhaaf, M. (1997). Der melancholische Blick. Zu Walter Benjamins Ursprung des deutschen Trauerspiels (1928). In Die Melancholie der Literatur (pp. 175–195). J.B. Metzler. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03696-4_9
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