Im Anschluss an das Denken Michel Foucaults gelten Geschlecht und Sexualität nicht länger als naturgegebene, jenseits von Geschichte und Gesellschaft existierende Größen. Heterosexualität und Zwei-Geschlechter-Ordnung werden in queer/feministischen Kontexten als Ergebnis sozio-diskursiver Konstruktionsprozesse verstanden, innerhalb derer sich auch die Körper als historisch veränderlich erweisen. Bezüglich dieser Denaturalisierungen ist „Konstruktion“ kein neutraler Begriff. Vielmehr geht es um die gesellschaftlichen Machtund Herrschaftsverhältnisse, innerhalb derer sich historisch spezifische Formen von Geschlecht und Sexualität ausprägen, sowie um die Frage, wie Geschlecht und Sexualität innerhalb dieser Machtkonstellationen wirksam werden und zu ihrer Reproduktion oder Veränderung beitragen. Die These von der Machtverwobenheit macht die Attraktivität von Foucaults Denken für geschlechter- und sexualpolitische Bewegungen aus. Sie besagt, dass es kein Außerhalb der Macht gibt — und dass dort, wo Macht ist, immer auch das Potential zum Widerstand existiert. Interessant für die queer/feministischen Theorien1, die seit Anfang der 1980er Jahre an Foucaults Denken anknüpfen, ist auch die Tatsache, dass dieser Geschlecht und Sexualität im Zusammenhang mit der Entstehung des modernen Rassismus thematisiert und somit das feministische Anliegen unterstützt, das komplexe Zusammenspiel verschiedener sozialer Differenzierungen zu erfassen.
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Engel, A., & Schuster, N. (2008). Die Denaturalisierung von Geschlecht und Sexualität. Queer/feministische Auseinandersetzungen mit Foucault. In Foucaults Machtanalytik und Soziale Arbeit (pp. 135–153). VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-90710-9_9
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