Auszug: "Jeweilige Dekaden bringen immer wieder (sozial-)wissenschaftliche Begriffe hervor, die ein Eigenleben entwickeln. Diese sind bald in aller Munde und verlassen damit den eigentlichen Kontext der Wissenschaft, um in Feuilletons oder gehobenen Gesprächsrunden des Fernsehens aufzutauchen. Umgekehrt ist die sozialwissenschaftliche Begriffsbildung nie unabhängig von den sozialen und ideologischen Konstellationen, in denen sie geschieht — auch Wissenschaft ist soziale Praxis. Und so entfalten oft alltagsweltliche, (sub)kulturelle oder tagespolitische Begriffe wissenschaftliche Wirkung im engeren Sinne, nämlich indem sie zu Kategorien der sozialwissenschaftlichen Theorie werden. Beide Bewegungen — von der Alltagswelt in die Wissenschaft und von der Wissenschaft in die Alltagswelt — sind nicht nur Thema in postmodernen bzw. poststrukturalistischen Perspektiven, sondern markieren auch die Begriffe ‚Postmoderne‘, ‚Dekonstruktion‘ und ‚Poststrukturalismus‘, insbesondere in den 1980er und 1990er Jahren. Diese drei Kategorien teilen das Schicksal, überdeterminierte Schlagworte geworden zu sein, bei denen niemand sicher ist, was sie genau bezeichnen, aber von allen ‚irgendwie‘ — ob bei der morgendlichen Zeitungslektüre oder auf soziologischen Fachtagungen — assoziativ verstanden zu werden."
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Villa, P.-I. (2008). Post-Ismen: Geschlecht in Postmoderne und (De)Konstruktion. In Geschlechterdifferenzen — Geschlechterdifferenzierungen (pp. 199–229). VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-90831-1_7
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