Die präselektionale Phase: Informationssuche als Teilprozess des Entscheidens

  • Betsch T
  • Funke J
  • Plessner H
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9 Die rationale Entscheidungsregel verlangt vom Entscheider, seinen Nutzen zu maxi-mieren. Um die dominante Option, also diejenige mit dem höchsten subjektiv erwar-teten Nutzen zu identifizieren, müssen eine Reihe von Voraussetzungen erfüllt sein: 1. Alle möglichen Optionen müssen bekannt sein. 2. Deren Konsequenzen müssen bekannt sein. 3. Der Entscheider muss jede Konsequenz eindeutig hinsichtlich deren Nutzen und deren subjektiver Eintrittswahrscheinlichkeit bewerten können. Als Vorausset-zung dafür müssen eine Nutzenfunktion und eine subjektive Wahrscheinlichkeits-funktion existieren, die über den Verlauf der Entscheidung konstant bleiben. 4. Der Entscheider muss in der Lage sein, die kognitiven Operationen durchzuführen, die das Wert-Erwartungs-Kalkül verlangt, vor allem die Integration der Informa-tionen. Nach Simon überfordern diese Voraussetzungen menschliche Fähigkeiten. Denken Sie einmal an eine wichtige Entscheidung, wie z. B. einen Partner fürs Leben zu finden. Ihr Leben reichte nicht aus, alle möglichen Kandidaten kennenzuler-nen. Das müsste aber gewährleistet sein, um den Besten oder die Beste zu finden-was das Prinzip der Nutzenmaximierung verlangt. Zudem überfordert es die Kapazität menschlicher Informationsverarbeitung die Unmengen möglicher Konsequenzen einer Partnerwahl zu bedenken, zu bewerten und in erwartete Nutzenwerte zu über-führen. Nach Simon wäre dazu nur ein übermenschliches Wesen in der Lage, eine Göttin oder ein Gott. In Anspielung darauf bezeichnete Simon das Maximierungs-prinzip als »olympisches Modell«. Simon stellte diesem Ansatz ein sog. Verhaltensmodell gegenüber, das von der begrenzten Rationalität des Menschen ausgeht. Das Konzept der begrenzten Rationa-lität (»bounded rationality«) beinhaltet Annahmen über Strukturen und Prozesse, die dem Menschen die Anpassung an seine Umwelt ermöglichen. Dahinter steht der Gedanke, dass der Mensch trotz seiner Beschränkungen zu klugen Entscheidungen in der Lage ist, da er sonst im evolutionären Prozess nicht hätte bestehen können. Inso-fern könnten die Einschränkungen oder Begrenzungen, denen unser Denken und Handeln unterliegt, kein Nachteil, sondern geradezu einen Anpassungsvorteil dar-stellen. Definition Bei der begrenzten Rationalität handelt es sich um ein von Herbert Simon einge-führtes Modell menschlichen Entscheidens. Aufgrund beschränkter Verarbeitungs-kapazität, Informationsmangel und anderer Person-und Umwelt-Faktoren sind Men-schen nicht in der Lage, der Maxime der Nutzenmaximierung zu folgen, wie sie die Nutzentheorie als Rationalmodell des Entscheidens vorgibt. Trotz dieser begrenzten Rationalität führen menschliche Entscheidungen in der Regel zu recht guten Ergeb-nissen. Dies wird durch eine Reihe von Mechanismen befördert, wie z. B. die Verwen-dung einfacher Entscheidungsstrategien, die eine zufriedenstellende Balance zwi-schen Aufwand (z. B. kognitiven Kosten) und Entscheidungsgüte herstellen. Einfache Entscheidungsstrategien als Mechanismen begrenzter Rationalität. Simon ging aber noch einen Schritt weiter. Er gab die Maximierungsregel (»wähle die beste aller Optionen«) der Nutzentheorie auf und postulierte stattdessen, dass Men-schen einfachere Regeln des Entscheidens verwenden. Eine solche Regel ist die »satifs-ficing rule« (Simon, 1955). Nach dieser Regel wird jede Konsequenz einer Option mit einem Kriteriumswert oder Anspruchsniveau verglichen. Die erstbeste Option, deren Konsequenzen gleich oder besser den Kriteriumswerten sind, wird gewählt. Es könnte zwar sein, dass man mit Anwendung dieser Regel bessere Alternativen übersieht. Trotz-Die Anwendung der Maximierungs-regel setzt vollständige Informiert-heit des Entscheiders voraus. Die Anwendung der Maximierungs-regel setzt vollständige Informiert-heit des Entscheiders voraus. Vollständige Informationsver-arbeitung ist einem Menschen aus pragmatischen Gründen und wegen seiner eingeschränkten kognitiven Kapazität nicht möglich. Vollständige Informationsver-arbeitung ist einem Menschen aus pragmatischen Gründen und wegen seiner eingeschränkten kognitiven Kapazität nicht möglich. Simon schlägt einen alternativen Ansatz vor, der von einer begrenz-ten Rationalität ausgeht. Simon schlägt einen alternativen Ansatz vor, der von einer begrenz-ten Rationalität ausgeht. Definition Begrenzte Rationalität 7 Definition Begrenzte Rationalität 7 Menschen verfügen über einfache, aber effektive Entscheidungsstra-tegien. Sie stellen nach Simon einen zentralen Mechanismus begrenzter Rationalität dar. Menschen verfügen über einfache, aber effektive Entscheidungsstra-tegien. Sie stellen nach Simon einen zentralen Mechanismus begrenzter Rationalität dar.

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Betsch, T., Funke, J., & Plessner, H. (2011). Die präselektionale Phase: Informationssuche als Teilprozess des Entscheidens (pp. 95–107). https://doi.org/10.1007/978-3-642-12474-7_9

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