Erratum zu: Die Entdeckung der Doppelhelix

  • Nickelsen K
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Abstract

Die Entdeckung der Doppelhelix-Struktur der DNA (auf deutsch DNS = Desoxyribo- nukleinsäure) im Jahr 1953 galt lange als eines der bedeutendsten wissenschaftlichen Ereignisse des 20. Jahrhunderts.1 Nichts weniger als das Rätsel des Lebens hätten die bei- den Protagonisten dieser Episode gelöst, James D. Watson und Francis H. Crick. Nichts weniger hätte ihr Aufsatz von 1953 eingeläutet als einen epochalen Wandel in der Erfor- schung des Lebens. Es waren nicht zuletzt die Protagonisten selbst, die zu diesem Narrativ beitrugen.2 Die Entschlüsselung der Doppelhelix-Struktur wurde zum Gründungsmythos: zum fulminanten Auftakt einer neuen Disziplin, der Molekularbiologie, die damit zugleich die Engführung ihres Forschungsprogramms auf Molekulargenetik legitimierte.3 Mit etwas Abstand betrachtet war die Entdeckung der Doppelhelix-Struktur bei weitem nicht das Erdbeben mit Langzeitwirkung, als das man diese Episode später inszenierte. Die Molekularbiologie, die ihre disziplinäre Tradition auf dieses Ereignis zurückführ- te, war ein kurzlebiges Phänomen, denn ihr eingeschränkter Bestand an Methoden und Konzepten hielt der Dynamik des Feldes seit den 1980er Jahren nicht stand. Das Gen als Angelpunkt der Forschung wurde abgelöst vom Genom, der Gesamtheit der Gene; und selbst dessen Einfluss wird in jüngerer Zeit zunehmend flankiert von dem Proteom, der Gesamtheit der Proteine einer Zelle, oder von dem Metabolom, der Gesamtheit aller Stoffwechselprozesse. Watson und Cricks Entdeckung, dass die DNA eine Helix-Struktur aufweist, scheint wissenschaftlich heute kaum noch signifikant. Im Zentrum steht viel- mehr die Frage danach, wie die Basensequenz der DNA, helikal organisiert oder nicht, mit anderen strukturellen und funktionalen Elementen von Kern und Zelle interagiert, und wie dieses Zusammenspiel die Ausprägung organismischer Eigenschaften beeinflusst. Trotzdem ist die Doppelhelix noch heute inWort und Bild allgegenwärtig, als Ikone des Zeitalters der Lebenswissenschaften. Allein das ist hinreichend, das wissenschaftshistori- sche Interesse immer wieder auf ihre Entdeckung und spätere Rezeption zu richten.4 Zu ihrer Zeit waren die Arbeiten von Watson und Crick sowohl als Beitrag zum Verständnis des Vererbungsmechanismus als auch für die Molekularisierung der Lebenswissenschaf- ten im allgemeinen wesentlich. Insofern gelten ihre Aufsätze zur Doppelhelix-Struktur aus dem Jahr 1953 zu Recht als Klassiker der Wissenschaftsgeschichte. Auf Superlative oder Exklusivität muss man dafür nicht zurückgreifen: Beides ist im Rahmen einer so kom- plexen historischen Entwicklung, wie sie die Lebenswissenschaften im 20. Jahrhundert durchliefen, für einzelne Episoden kaum zu rechtfertigen. Eine angemessene Lektüre der Aufsätze von Crick und Watson erfordert daher ihre Einbettung in den breiteren wissen- schaftshistorischen Kontext. Dazu sind heute sehr gute Voraussetzungen gegeben, denn die Geschichte der Molekularbiologie, wie auch die Geschichte der Vererbung insgesamt, wurden in jüngerer Zeit intensiv erforscht. Verwiesen sei etwa auf das breit angelegte Projekt A Cultural History ofHeredity, bis 2011 geleitet von Hans-Jörg Rheinberger und Staffan Müller-Wille am Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte in Berlin, in dessen Rahmen neue Standardwerke entstanden.5 Die vorliegende Einleitung will diese Werke nicht verdoppeln. Anliegen der folgenden Seiten ist es vielmehr, zu einer Neu- Lektüre einiger Aufsätze auf dem Weg zur DNA-Struktur einzuladen, deren Kontext vor dem Hintergrund der neueren Forschung erläutert wird.6 Im Zentrum steht dabei die Fra- ge, wie zu verschiedenen Zeitpunkten des letzten Jahrhunderts über Gene, ihre Natur und ihre Rolle in der Vererbung nachgedacht wurde.

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Nickelsen, K. (2017). Erratum zu: Die Entdeckung der Doppelhelix (pp. E1–E2). https://doi.org/10.1007/978-3-662-47150-0_8

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