Analyse und Manipulation von Nucleinsäuren

  • Müller-Esterl W
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Kapitelthemen: 22.1 Restriktionsenzyme 22.2 Rekombinante DNA 22.3 DNA-Sequen-zierung 22.4 Hybridisierung von Nucleinsäuren 22.5 In-situ-Hybridisierung 22.6 Polymerase-kettenreaktion 22.7 DNA-Bibliotheken 22.8 DNA-Polymorphismen 22.9 Rekombinant expri-mierte Proteine 22.10 Ortsgerichte Mutagenese Lange Zeit waren Nucleinsäuren "Bücher mit sieben Sie-geln": Ihre schiere Größe und eintönige Basenfolge schienen geradezu unüberwindliche Hindernisse auf dem Weg zur molekularen Analyse der Gene zu sein. Mit dem Aufkommen neuer biochemischer Methoden hat sich diese Situation voll-ständig gewandelt: Heute sind Nucleinsäuren einfacher zu erforschen als irgendwelche anderen komplexen Moleküle der Zellen. Motor dieser rasanten Veränderungen ist die Ent-wicklung neuartiger automatisierter Techniken, die eine zu-verlässige Identifizierung, rasche Vervielfältigung und na-hezu beliebige Umstrukturierung von Nucleinsäuren erlau-ben. Die Erweiterung und Verfeinerung des molekulargene-tischen Methodenspektrums hat die Forschung in den bio-medizinischen Fächern von Grund auf erneuert. In diesem Kapitel wollen wir uns mit Methoden befassen, mit denen man Nucleinsäuren erkennen, trennen, vervielfältigen und verändern kann. Molekularbiologische Manipulationen er-lauben die Herstellung rekombinanter Proteine als Arznei-mittel oder Impfstoffe in nahezu unbegrenztem Umfang. Der Gentransfer in befruchtete Eizellen ermöglicht die Erzeu-gung transgener Tiere; die gezielte Gendeletion oder-modi-fizierung schafft Tiermodelle menschlicher Erkrankungen. In einem gewaltigen Kraftakt gelang es im Jahr 2001, einen ersten Entwurf der Sequenz des humanen Genoms vorzule-gen, dessen verfeinerte Version uns nun als Navigationssys-tem bei der Auffindung neuer Gene, bei der Lokalisation de-fekter Gene und-nicht zuletzt-bei der funktionellen Analyse der Genprodukte dient. Wir beginnen unsere tour d'ho-rizon durch die molekularbiologischen Methoden und Tech-niken mit der gezielten Spaltung von Nucleinsäuren. 22.1 Restriktionsendonucleasen spalten DNA an definierten Stellen DNA-Moleküle können eine beachtliche Größe haben: Humane Chromosomen enthalten kontinuierlich verknüpfte DNA-Stränge mit bis zu 250 Millionen bp! Das ringförmige prokaryotische Genom ist erheblich kleiner, enthält aber im-mer noch rund 1 Mbp. Ein entscheidender Schritt am Beginn einer DNA-Analytik ist daher die enzymatische Zerstücke-lung der Nucleinsäuren in handliche Fragmente. DNA-spal-tende Endonucleasen trennen den Nucleinsäurestrang typi-scherweise an vielen Stellen (g Exkurs 17.7). Dagegen spal-ten Restriktionsendonucleasen , oft auch Restriktionsen-zyme genannt, den Doppelstrang nur dann, wenn sie eine ausgewählte Sequenz erkennen: Sie besitzen also eine wohl-definierte Spaltspezifität. Restriktionsendonucleasen sind bakterieller Herkunft; typischerweise durchtrennen sie dop-pelsträngige DNA an charakteristischen Erkennungsstellen, die oft palindromische Sequenzen von vier, sechs oder acht Nucleotiden Länge darstellen (Abbildung 22.1). Je nach Lage des Schnitts produzieren Restriktionsendonucleasen glatte Enden oder überhängende Enden des Doppelstrangs. Die Größe der Erkennungssequenz einer Restriktionsendonucle-ase definiert die mittlere Schnittfrequenz: Ein Enzym, das eine Sequenz aus vier Basenpaaren erkennt, schneidet statis-tisch gesehen mit einer Häufigkeit von 1 : 4 4 , d.h. durch-schnittlich einmal pro 256 Nucleotide. Restriktionsenzyme mit einer Präferenz für eine Hexanucleotidsequenz schnei-den dagegen mit einer Häufigkeit von 1 : 4 6 , d.h. durch-schnittlich einmal pro 4 096 Nucleotide. Eine wichtige Anwendung dieser Enzyme ist der Restrikti-onsverdau von DNA: Dabei spaltet ein Restriktionsenzym eine isolierte DNA abhängig von der Anzahl der spezifischen Erkennungssequenzen in eine definierte Anzahl von Frag-menten. Verdaut man z. B. die DNA von l-Phagen (g Ab-schnitt 16.6) mit dem Enzym Hind III, das die Zielsequenz AAGCTT erkennt, die siebenmal in der Phagen-DNA vor-kommt, so erhält man acht verschiedene Fragmente, die elektrophoretisch getrennt werden können. Nucleinsäuren sind durch ihre Phosphatgruppen stark negativ geladen: Bei physiologischem pH liegen sie als Anionen vor, die im elek-trischen Feld in Richtung Anode wandern. Verwendet man ein poröses Agarosegel, so werden Nucleinsäuren strikt nach Größe getrennt, d. h. kleine DNA-Fragmente wandern rasch und große Nucleinsäuren langsam (Abbildung 22.2). Die bei der Elektrophorese entstehenden DNA-Banden sind erst ein

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Müller-Esterl, W. (2018). Analyse und Manipulation von Nucleinsäuren. In Biochemie (pp. 280–295). Springer Berlin Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-54851-6_22

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