Die Diskussion über Konkordanzdemokratie und Korporatismus hat die Aufmerksamkeit darauf gelenkt, dass sich staatliche Steuerung in den Ländern Westmitteleuropas (Schweiz, Österreich, Deutschland, Belgien und Niederlande) in beträchtlichem Masse auf Verhandlungslösungen mit und zwischen korporativ verfassten Gruppen rekurriert. Solche “verhandlungsdemokratischen” Strategierepertoires, in die heute staatliche Bürokratien, organisierte Interessen, politische Parteien und autonome Gebietskörperschaften eingebunden sind, haben sich in diesen Ländern in je eigentümlichen Entwicklungspfaden moderner Staatlichkeit ausgebildet. Sie knüpfen an institutionelle Ansatzpunkte für korporative Repräsentation an, die sich hier - alternativ zum hierarchisch-absolutistischen Modell - seit dem Auflösungsprozess des spätmittelalterlichen “Heiligen Römischen Reiches” erhalten haben. Das wird beispielhaft am Entwicklungspfad der deutschen Verhandlungsdemokratie nachgezeichnet, dessen Ursprünge man im föderativen Gleichgewichtsmodell des Westfälischen Friedens (1648) suchen kann. Der Leitbegriff der “Parität” korporativ verfasster und staatlich privilegierter teilautonomer Gruppen, der hier erstmals für die drei grossen Konfessionen entwickelt wurde, ist seit dem 19. Jahrhundert zu der zentralen Friedensformel des deutschen Korporatismus geworden. © 1996 The Swiss Political Science Review.
CITATION STYLE
Lehmbruch, G. (1996). Die korporative Verhandlungsdemokratie in Westmitteleuropa. Swiss Political Science Review, 2(4), 1–24. https://doi.org/10.1002/j.1662-6370.1996.tb00182.x
Mendeley helps you to discover research relevant for your work.