Poststrukturalismus: Postmoderne + Poststrukturalismus = Postfeminismus?

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Postmoderne und Poststrukturalismus werden in sozial-oder kulturwissenschaftlichen sowie philosophischen Debatten immer wieder in einem Atemzug genannt und nicht selten synonym verwendet. Auch die mannigfaltige feministische Aneignung entsprechender Denkfiguren hat nicht immer sauber zwischen beiden – in sich heterogenen – Perspektiven unterschieden. So gilt Judith Butler weithin als postmoderne Autorin, obwohl sie sich ausdrücklich als Poststrukturalistin bezeichnet (vgl. Butler 1993a: 36). Dabei bilden postmoderne und poststrukturalistische Pers-pektiven je unterschiedliche theoretische bzw. gesellschaftsdiagnostische Aussagesysteme, die zwar Überschneidungspunkte teilen, doch nicht deckungsgleich sind. Beide Perspektiven haben für die feministischen Theorie-und Praxisdebatten der letzten zwei Jahrzehnte entscheidende Impulse geliefert und manche Autorinnen haben im Aufgreifen postmoderner und poststruktura-listischer Perspektiven einen regelrechten Paradigmenwechsel innerhalb des feministischen Denkens ausgemacht (vgl. für eine kritische Übersicht Brooks 1997, zum Verhältnis zwischen Feminismus und Postmoderne Klinger 1998, Knapp 1998, zum Verhältnis von Poststrukturalis-mus und Feminismus Weedon 1990). Für einzelne Autorinnen (etwa Benhabib 1995) sind post-moderne Denkweisen mit feministischen Anliegen unvereinbar bzw. eine potenziell " unglückli-che Ehe " (vgl. Klinger 1998). Postmoderne – Ein zweifaches Anliegen Grundsätzlich gilt es zunächst, zwei Ebenen bzw. Gegenstandsbereiche zu unterscheiden, auf die sich Postmoderne beziehen kann. Erstens ist mit Postmoderne eine Zeitdiagnose gemeint (" post-modernity " : Preda 2002: 11865). Soziologische Autoren wie etwa Zygmunt Bauman (1995) spre-chen von einem Zeitalter der Postmoderne in Abgrenzung zur Moderne und stellen ersteres als durch Pluralisierung, Fragmentierung, Medialisierung, Symbolisierung und Konsum gekennzeich-net dar. Die Pluralisierung und Verflüssigung von Identitäten sowie die Auflösung bisheriger politi-scher und sozialer Leit-Differenzen (z.B. Öffentlichkeit/Privatheit) sind für AutorInnen, die post-moderne Zustände diagnostizieren, herausragende qualitative Neuerungen im Übergang von der Moderne zur Postmoderne: Waren in modernen Gesellschaften individuelle Identitäten, Biografien und soziale Stellungen mehr oder minder stark von strukturellen und institutionellen Vorgaben be-stimmt (Beruf/soziale Lage, Familienstand, Wohnort, Religion, Geschlecht usw.), so sind diese in-zwischen aufgrund von Individualisierungsprozessen (vgl. Beck/Beck-Gernsheim 1994) stärker in-dividuell gestalt-und verhandelbar. Sinnstiftungs-, Deutungs-und symbolische Aushandlungspro-zesse gewinnen gegenüber institutionell verankerten Traditionen und Zwängen an Bedeutung. Fra-ser (1995) postuliert z.B. eine " postmoderne Konzeption " des öffentlichen Raums im Anschluss an eine empirisch fundierte theoretische Kritik moderner politischer Theorien. Ob die Diagnose eines epochalen sozialen Wandels zutreffend ist, darüber ist innerhalb der Sozialwissenschaften viel und

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Villa, P.-I. (2008). Poststrukturalismus: Postmoderne + Poststrukturalismus = Postfeminismus? In Handbuch Frauen- und Geschlechterforschung (pp. 262–266). VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-91972-0_30

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