Soziale Inklusion und Exklusion: die Rolle von Bildung

  • Hillmert S
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1. Einleitung Öffentlichkeit ' Verhältnis Bildung zu Prozessen von sozialer In- oder Exklusion ins Blickfeld geraten. Definitionen Soziale Inklusion als soziale und politische Teilhabe, soziale Exklusion ist demnach der Verlust dieser Teilnahmechancen (vgl. Hillmert, 2009: 85). Exklusion lässt sich als "(…) relevanter und (in Bezug auf verschiedene Lebensbereiche) kombinierter sowie (in Bezug auf die Zeit) nachhaltiger Verlust sozialer Teilhabechancen verstehen. Die In-/Exklusionspotentiale bestimmter sozialer Faktoren und ihre jeweiligen Veränderungen lassen sich entlang dieser Dimension beschreiben" (Hillmert, 2009: 85). Bildung hat eine breite soziale Inklusionswirkung. 2. In- und Exklusion als Folge von Bildungsprozessen 2.1 Bildungskonsequenzen in verschiedenen Lebensbereichen Formale Bildungsabschlüsse als Zugangsberechtigungen zu weiterführenden Bildungsgängen und/oder beruflichen Tätigkeiten. Bildung und Arbeitsmarkt ' Koppelung von Qualifikationen und Arbeitsmarkt (HKT-Theorie) ' wesentliche Integrationsleistung bringt Bildung für erfolgreich qualifizierte Personen mit Migrationshintergrund ' Geringqualifizierte - Bildungsarmut (vgl. Allmendinger, 2000/2003). Bildung und Partnerwahl ' enge Verbindung von Partnerformierungen und Bildung Bildung und Familienbildung ' Niveau und Zeitpunkt der Fertilität hängt mit Bildung eng zusammen Weitere Zusammenhänge ' soziale und politische Beteiligung, Gesundheit, Krankheit, Gesundheits- und Risikoverhalten, individuelle Lebenserwartung (vgl. Lampert, 2006; Richter/Hurrelmann, 2006). 2.2 Erklärungen von Bildungskonsequenzen (S. 89) Bildungszertifikate setzen Signale, sind Wettbewerbsvorteil (Spence, 1973), hinzukommen Wirkmechanismen wie lebenszeitbezogene Effekte (z.B. verschieben der Familiengründung), ermöglichen von sozialen Kontakten und Veränderungen im sozialen Umfeld, Veränderung der Präferenzen und kognitiven Prägung. Empirisch ist das exakte Belegen von Bildungseffekten schwierig. 3. In- und Exklusion beim Bildungszugang (S. 90) 3.1 Soziale Ungleichheiten beim Bildungszugang Bildungsungleichheiten = Kernfrage der Bildungssoziologie Geschlechtsunterschiede ' Abbau innerhalb des Bildungssystems Herkunftsbezogene Ungleichheiten ' persistent; geringere Bildungschancen von Heranwachsenden mit Migrationshintergrund erst in jüngerer Zeit im Fokus; Einfluss der sozialen Herkunft variiert im Lebensverlauf, empirisch haben verschiedene Studien die Verringerung des Einflusses bei späteren Übergängen im Bildungssystem belegt (z.B. Müller/Haun, 1994; Henz/Maas, 1995), allerdings erhebliche Unterschiede und "(…) im Hinblick auf die Bildungsergebnisse einer Kohorte nimmt die soziale Differenzierung im Lebensverlauf er her zu"(Hillmert, 2009: 09; Hillmert/Jacob, 2008).--> Zweiter Bildungsweg verstärkt soziale Ungleichheit eher als dass sie verringert würde!!! Bildung nach wie vor grosse Bedeutung für Statustransmission. 3.2 Erklärungen für die Reproduktion sozialer Ungleichheit über Bildung - Primäre und sekundäre Herkunftseffekte nach Boudon (1974); - rationale Bildungsentscheidungen (Breen/Goldhorp; 1997) - Bourdieu/Passeron, 1971 ' ‚heimlicher Lehrplan'; soziale Reproduktion a) unterschiedliche Veraussetzungen von Individuen aus unterschiedlichen sozialen Klassen und b) aus der unterschiedlichen Definitionsmacht dieser Klassen über die im Bildungssystem geltenden Standards und Bewertungsschemata. "Bei enger Verknüpfung von sozialer Herkunft und Bildungserwerb einerseits und formalen Qualifikationen und beruflichen Positionen andererseits übersetzten sich soziale Ungleichheiten über das Bildungssystem in Ungleichheiten im Beschäftigungssystem" (Hillmert, 2009: 94). Folge: ‚Vererbung' sozialer Ungleichheiten. 4. Historische Veränderung durch die Bildungsexpansion (S. 94) "Einer deutlich gestiegenen Breitenwirkung auch bei früher benachteiligten sozialen Kategorien steht die besonders problematische Situation weiterhin benachteiligten Bildungsgruppen gegenüber" (Hillmert, 2009: 85) ' Anmerkung R.S.: Creaming Out von Solga (2005). 5. Exklusionspotentiale von Bildung und Möglichkeiten der Intervention (S. 95) Bildungsdefizite in modernen Gesellschaften sind enorme Exklusionsrisiken. "Hauptgewinner einer strikten Anwendung von Leistungsprinzipien im Bildungssystem sind dann Leistungsstarke aus bislang diskriminierten Gruppen; Verlierer sind die Leistungsschwachen aus diesen Gruppen. Eine Verbesserung für die ‚Mehrheit der Minderheit' geht auch hier tendenziell mit einer relativen Verschlechterung für die ‚verbleibende Minderheit' einher" (Hillmert, 2009: 96). Trennlinie zwischen absoluten und relativen Erträgen ist institutionell gestaltbar ' bezüglich Exklusion zwei Mechanismen problematisch: a) bildungsbezogene Selektion und b) Kumulation bzw. Aggregation von Ungleichheiten in verschiedenen Lebensbereichen; Bsp. ' wenn markante Leistungssteigerungen nicht zum Verlassend er ‚Verliererkategorie' reichen, etwa durch Steigerung des Anforderungsniveaus von Berufsausbildungen; kleine Unterschiede (Niveauzuteilung innerhalb derselben Sekundarstufe) können sich so zu grossen Unterschieden akkumulieren. ' synchrone Aggregation - wenn Positionierungen in ganz unterschiedlichen Lebensbereichen auf ähnlichen Auswahlbedingungen basieren. "Bildungsarmut kann in diesem Sinne als Risikofaktor für (multiple) Exklusion verstanden werden" (Hillmert, 2009: 96). ' Entkoppelung von Bereichen sozialer Anerkennung von Bildung verhindert die Gefahr der sozialen Exklusion, auch hier gilt, "(…)dass entscheidende Voraussetzungen für bildungspolitische Erfolge ausserhalb des Bildungssystems liegen" (Hillmert, 2009: 97). 6. Fazit (S. 97) Bildungsdifferenzierungen sind zentral für Lebenslagen und -entscheidungen. "Lebensverlaufsmuster sind entlang des Erwerbs und der Verwendung formaler Qualifikationen differenziert und relativ stark endogen strukturiert" (Hillmert, 2009: 97). Bildungsförderung ' kann umfassende Integrationsleistung erbringen, durch: - messbare Förderung von alltagsrelevanten Kompetenzen - individualisierte Lernförderung - weiterer Abbau von sozialen Bildungsungleichheiten - Auflösung von starren Zuordnungen zu zwischen Bildungsgängen, Berechtigungen und Abschlüssen; so dass gemäss Hillmert grössere Teile der Bildungsteilnehmer ihre Fähigkeiten besser entfalten können. Hillmert bezweifelt, dass Bildungsinvestitionen eine universale Lösung für das Problem der sozialen Inklusion darstellen (vgl. Hillmert, 2009: 97), diese weil - Inklusionswirkungen weniger von der formalen als von der faktischen Offenheit bzw. Durchlässigkeit des Bildungssystem abhängen. Letztere entscheidet sich zudem nicht nur innerhalb des Bildungssystems - häufig sind es externe Anreize und Möglichkeiten, die Durchlässigkeit ermöglichen/erzwingen (z.B. Mangel an LP's führt dazu, dass QuereinsteigerInnen zur Ausbildung via Assessments- zugelassen werden). - Bildungsprozesse, die in der grossen Breite erfolgreich verlaufen bergen die Gefahr einer Exklusion der verbleibenden Minderheit.

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Hillmert, S. (2009). Soziale Inklusion und Exklusion: die Rolle von Bildung. In Inklusion und Exklusion: Analysen zur Sozialstruktur und sozialen Ungleichheit (pp. 85–100). VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-91988-1_5

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