Wachstum, d. h. irreversible Volumen-und Oberflächenvergrößerung, ist eine Grundeigenschaft der Zelle. Pflanzliche Zellen wachsen durch Wasseraufnahme, die durch eine irreversible (plastische) Deh-nung der durch den Turgor elastisch gespannten Zellwand ermöglicht wird, hydraulisches Wachstum. Dieser Prozess lässt sich durch eine einfache Beziehung auf der biophysikalischen Ebene quantitativ be-schreiben. Das Zellwachstum wird ausgelöst durch eine irreversible Relaxation der Wandspannung, al-so durch eine Veränderung der mechanischen Eigenschaften der Wand, Zellwandlockerung. Eine wichtige Rolle für die Richtung der Zellwanddehnung, und damit für die spezifische Zellform, spielt die Orientierung der Cellulosemikrofibrillen in der Wand, welche ihrerseits vom corticalen Mikro-tubulisystem auf der Innenseite der Plasmamembran festgelegt wird. Die Zelldehnung erfolgt bevor-zugt senkrecht zur Richtung der Mikrofibrillen. Werden die Mikrotubuli durch Colchicin zerstört, so kann die spezifische Zellgestalt beim Wachstum nicht mehr aufrecht erhalten werden; die Zelle strebt den Zustand niedrigster Energie, die Kugelgestalt, an. Bei vielzelligen Organen wird das Wachstum durch spezielle, wachstumslimitierende Gewebe kontrolliert, welche im Organverband zu Gewebe-spannungen führen. Bei Sprossorganen besitzt oft die Epidermis diese Funktion. Organwachstum ist nicht eine Eigenschaft der einzelnen Zellen, sondern eine Systemeigenschaft des vielzelligen Organs, in dem verschiedene Gewebe in geordneter Weise zusammenwirken. Dies wird z. B. beim Streckungs-wachstum von Internodien und Wurzeln und beim Kontraktionswachstum von Zugwurzeln deutlich. che schließlich über 90 % des Zellraums ausfüllt (Abbildung 5.1). Dieser Typ des Volumenwachs-tums wird durch den spezifischen Aufbau der Pflanzenzelle ermöglicht: Der Protoplast bildet zu-sammen mit der dehnbaren Zellwand ein hydro-mechanisches System, welches aufgrund osmoti-scher Potenzialunterschiede zwischen Vacuolenlö-sung und Zellwandlösung einen hydrostatischen Druck, Turgor, entwickelt (→ Abbildung 3.7). Der Turgor spannt die Zellwand und liefert die Voraus-setzung für ihre plastische Dehnung bei der Was-seraufnahme in den Protoplasten. Dieses hydrauli-sche Wachstum ermöglicht es, dass sich pflanzliche Zellen um das 10-bis 100fache ihres ursprüng-lichen Volumens vergrößern können, ohne dass hierzu eine entsprechende Vermehrung des Proto-plasmagehalts erforderlich ist. Die Rolle des Turgors beim Zellwachstum ist nicht einfach zu verstehen. Nach einer verbreiteten Vorstellung wird die Ausdehnung der Zelle durch 5.1 Biophysikalische Grundlagen des Zellwachstums
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Brennicke, A., & Schopfer, P. (2010). Die Zelle als wachstumsfähiges System. In Pflanzenphysiologie (pp. 101–118). Spektrum Akademischer Verlag. https://doi.org/10.1007/978-3-8274-2352-8_5
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