Das Agency-Paradigma

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Abstract

Das Agency-Paradigma, wie es sich seit den 1990er Jahren als eigenständige Strö-mung innerhalb der Soziologie herausgebildet hat, zielt auf eine innovative Integra-tion von Struktur-und Handlungstheorie (s. Sewell 1992). 1 Das Interesse richtet sich insbesondere auf die Handlungsmöglichkeiten von Individuen innerhalb von Gesell-schaften, auf die individuellen und sozialen Bedingungen der Handlungsfähigkeit ge-sellschaftlicher Akteure und auf ihre Einflussmächtigkeit angesichts ihres sozialen Da-seins. Das Agency-Paradigma bewegt sich damit nicht nur im Spannungsfeld zentraler Dichoto mien, die die Soziologie seit ihren Anfängen prägen: Handlung und Struktur, Bewusstsein und Sein, Natur und Kultur, Gesellschaft und Individuum, lokal und glo-bal. Es bildet darüber hinaus eine Schnittstelle mehrerer Disziplinen, allen voran So-ziologie, Anthropologie, Psychologie und Philosophie. Bisher haben die vielfältigen Auseinandersetzungen mit diesem Paradigma zwar nicht zur Ausbildung eines eige-nen Forschungszweigs oder einer geteilten Definition von Agency geführt, jedoch ar-beiten insbesondere Mustafa Emirbayer und Ann Mische an der University of Chicago an der Konturierung des Agency-Paradigmas als Kernstück einer Relationalen Sozio-logie (s. Emirbayer 1997; Emirbayer/Mische 1998). Ziel des vorliegenden Beitrags ist es, die soziologische Agency-Perspektive mit aus unterschiedlichen methodologischen Standpunkten gewonnenen erziehungs-und bildungssoziologischen sowie erziehungs-wissenschaftlichen Erkenntnissen in Bezug zu setzen. Dabei soll insbesondere deutlich werden, wie im Rahmen des Agency-Paradigmas eine produktive Verbindung soziolo-gischer und erziehungswissenschaftlicher Forschungsansätze möglich ist. Die Darstellung beginnt mit einer Definition des Agency-Paradigmas aus Sicht der Relationalen Soziologie, die auf die drei Konzepte iterativity, projectivity und practical-evaluation (Emirbayer/Mische 1998) zurückgreift. Anschließend werden die epistemo-logischen und methodologischen Grundlagen einer interdisziplinären Beschäftigung mit dem Agency-Konzept in den Erziehungswissenschaften reflektiert. Aufbauend auf Gilles Deleuzes (1989) Interpretation des Foucaultschen " Dispositivs " und seiner Nutz-barmachung für die Bildungs-und Erziehungssoziologie von Teresa Yurén (Yurén/ 1 Herzlichen Dank an Albert Scherr für seine richtungsweisenden Anregungen zur vorliegenden Dar-stellung. Siehe dazu auch Scherr (i. E.) U. Bauer et.al (Hrsg.), Handbuch Bildungs-und Erziehungssoziologie, DOI 10.1007/978-3-531-18944-4_32, © VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden 2012 Carola Mick 528 Romero 2008) werden ausgewählte methodologische Ansätze 2 innerhalb der Erzie-hungswissenschaften vorgestellt und in Bezug zum Agency-Paradigma der Relationa-len Soziologie gesetzt: die soziohistorisch orientierte Cambridge School, die marxistisch beeinflusste Kritische Pädagogik, die bildungssoziologischen Studien um Stephen Ball, die auf dem Konzept der Performativität aufbauende erziehungswissenschaftliche Ri-tualforschung um Christoph Wulf und Jörg Zirfas sowie eine soziokulturelle, an Lev S. Vygotsky inspirierte Strömung der erziehungswissenschaftlichen Ressourcenforschung. Im Vordergrund stehen bei der Auswahl und Darstellung dieser Ansätze die konzeptu-ellen Überschneidungen mit dem Agency-Paradigma von Emirbayer und Mische (1998). Der Beitrag schließt mit einem Ausblick zu Entwicklungsmöglichkeiten und Perspekti-ven des soziologischen Agency-Paradigmas. Agency in der relationalen Perspektive der Soziologie

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Mick, C. (2012). Das Agency-Paradigma. In Handbuch Bildungs- und Erziehungssoziologie (pp. 527–541). VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-18944-4_32

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