Wer sich heute in der Politikwissenschaft für „Diskurse“ interessiert, trifft auf eine unübersichtliche, aber auch spannende Forschungssituation. Offenbar melden, sobald das Schlagwort „Diskurs“ ausgesprochen ist, unterschiedliche wissenschaftliche Strömungen ihre Deutungshoheit an: Einflussreich ist, erstens, ein normativ-kritischer Diskursbegriff, wie er mit der „Theorie kommunikativen Handelns“ und der Diskursethik von Habermas entwickelt wurde. Zweitens treffen wir innerhalb der empirisch-analytischen Forschung, die ihrerseits vielfältig handlungs-bzw. systemtheoretische Prämissen integriert, vor allem im expandierenden Forschungszweig der Policy Studies sowie neuerdings in der Governance-Forschung auf eine breite Nutzung sprach- und wissensbasierter Ansätze; hier zeichnet sich die Tendenz ab, neben dem normativ-kritischen einen analytisch-pragmatischen Diskursbegriff auszubilden. Drittens gehen seit langem von den Theorien des (Post-)Strukturalismus Bemühungen aus, eine Diskurstheorie des Politischen zu formulieren; dies korrespondiert in letzter Zeit verstärkt mit internationalen Impulsen, den genealogisch-kritischen Diskursbegriff Foucaults theoretisch weiter zu entwickeln und empirisch zu testen.
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Kerchner, B. (2007). Diskursanalyse in der Politikwissenschaft. Ein Forschungsüberblick. In Foucault: Diskursanalyse der Politik (pp. 33–67). VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-90475-7_2
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