»Simmel in Paris« ist ein Bild. Aber was für ein Bild ist es? Ein Bild ist eine Verkörperung von Vorstellungsszenen. Die Tätigkeit eines Malers besteht darin, eine Vorstellungswelt zu objektivieren, also Simmels Terminologie nach eine „objektive“ Kultur zu schaffen.2 Vor dem Hintergrund der Kommunikation zwischen Simmel und Dürkheim und dem Durkheimkreis hat Werner Gephart eine Welt geschaffen: »Simmel in Paris«. In dieser Welt wurde die deutsche Soziologie mit der französischen Soziologie erstmals so „nahe“ konfrontiert.3 Für uns als Wahrnehmende hat diese sichtbare Welt unsere unsichtbare Erinnerung an Simmel zurückgerufen: sein Portrait, seine Persönlichkeit, sein Schicksal, sein soziologisches Werk und seine übrigen vielschichtigen Arbeiten. Das Bild bietet nicht bloß eine zweidimensionale Oberfläche dar, — eine gepflasterte Straße, nebeneinanderstehende Gebäude, ein kunstvolles Eisengitter, ein holzgerahmtes Fenster, ein prächtiger gelber Vorhang, ein farbig dekorierter Lampenfuß vor einer grün-tapezierten Wand und der denkende Simmel im Vordergrund —, sondern das Bild eröffnet auch eine „dritte“ Dimension, die der Maler zu erzeugen versucht hat und die der Wahrnehmende je nach seiner Persönlichkeit aufnehmen sollte.
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Jeng, C.-C. (1998). Ein Stiefkind oder ein Gründervater der modernen Soziologie? Wieviel Renaissance braucht Simmel noch? In Gründerväter (pp. 69–99). VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-92322-6_9
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