Ziemlich genau vier Wochen vor dem 12. NPO-Forschungscolloquium, am 19. März 2016, war Equal Pay Day. Er symbolisiert den geschlechtsspezifischen Entgeltunterschied, der in Deutschland nach Berechnungen des Statistischen Bundesamtes bei 21,6% liegt. 1 Der Verdienstunterschied zwischen Frauen und Männern wird durch den Struk-turindikator Gender Pay Gap abgebildet. Bei der Analyse der Entgeltlücke zwi-schen Frauen und Männern sind zwei Sachverhalte zu unterscheiden. Der eine ist eine Einkommensdifferenzierung auf Grund von Unterschieden in personen-oder organisationsbezogenen Merkmalen, wie z.B. Bildungsniveau, Berufser-fahrung, Beschäftigungsform, Tätigkeitsprofil oder Branche. Der andere ist die Einkommensdiskriminierung auf Grund des Geschlechts (Allinger 2003; BMFSFJ 2009, S. 7). Dementsprechend gibt es zwei Varianten des Gender Pay Gap: zum einen den unbereinigten Indikator als einfache Verdienstlücke und zum anderen den Gen-der Pay Gap als bereinigte Verdienstlücke, die sich aus dem Vergleich der Ver-dienste von Frauen und Männern mit denselben individuellen Merkmalen ergibt. Der bereinigte Gender Pay Gap bildet also die geschlechtsspezifische Entgelt-diskriminierung ab, die verbleibt, wenn andere potenzielle Einflussfaktoren eliminiert werden (BMFSFJ 2009, S. 6 f.). Der Gender Pay Gap ist allerdings nicht einheitlich definiert. Unabhängig von der Unterscheidung in bereinigte und unbereinigte Lohnlücke finden sich unter-schiedliche Ansätze zur Operationalisierung des Einkommensabstands. In der amtlichen Statistik, die in den EU-Mitgliedsstaaten auf der vierjährlichen Ver-dienststrukturerhebung basiert, wird der Indikator als Unterschied zwischen dem durchschnittlichen Bruttostundenverdienst von Frauen in Prozent des Männer-verdienstes berechnet (BMFSFJ 2009, S. 6; Statistisches Bundesamt o. J.). Die Definition der OECD geht dagegen nicht vom arithmetischen Mittel aus, son-dern bezieht sich auf das Medianeinkommen (OECD 2015). 2 1 Der 19. März ist der 79ste Tag im Jahr (21,6 % von 365 Tagen). Der internationale Aktionstag wird in Deutschland von einem nationalen Bündnis ausgerichtet, das von der deutschen Sektion der Business and Professional Women (BPW) angeführt wird. 2 Ein weiterer Unterschied in den Berechnungsmethoden besteht darin, dass das Statistische Bundesamt nur Personen berücksichtigt, die mindestens 15 Stunden pro Woche arbeiten. Die © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2017 L. Theuvsen et al., Nonprofit-Organisationen und Nachhaltigkeit, NPO-Management, DOI 10.1007/978-3-658-18706-4_38 412 Berit Sandberg Die Durchsetzung von Geschlechtergerechtigkeit lässt sich als soziale Aufgabe im Rahmen nachhaltiger gesellschaftlicher Entwicklung begreifen. Entgelt-gleichheit ist einer von vielen Bausteinen im ebenso analytischen wie normati-ven Konzept der sozialen Nachhaltigkeit und steht im Kontext von angemesse-ner Arbeit (Littig und Grießler 2005, S. 70-74). Auch wenn der Begriff der sozialen Nachhaltigkeit diffus und theoretisch bislang nicht hinreichend fundiert ist (Littig und Grießler 2005, S. 68), bringt das Konzept das Thema Einkom-mensgerechtigkeit auf die politische Agenda. Die Bedeutung des Themas ist nicht zuletzt daran abzulesen, dass die Entgelt-diskriminierung regelmäßig Gegenstand der amtlichen Statistik und wissen-schaftlicher Analysen ist. Eine Studie des Deutschen Institutes für Wirtschafts-forschung (DIW Berlin) kommt 2013 mit Daten aus dem Sozio-oekonomischen Panel (SOEP) auf eine unbereinigte geschlechtsspezifische Verdienstlücke unter Führungskräften von 29 %. Der Vergleichswert für Nicht-Führungskräfte be-trägt 25 % (Busch und Holst 2013, S. 326). Der Beitrag versucht die Frage zu beantworten, wie hoch geschlechtsspezifische Gehaltsunterschiede in Führungspositionen von Nonprofit-Organisationen sind. In Abschnitt 2 werden die verfügbaren Datenquellen vorgestellt. In Abschnitt 3 wird der unbereinigte Gender Pay Gap und in Abschnitt 4 der bereinigte Ver-dienstunterschied ermittelt.
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Sandberg, B. (2017). Entgeltdiskriminierung auf Führungsebene – Empirische Befunde zum Gender Pay Gap in Nonprofit-Organisationen. In Nonprofit-Organisationen und Nachhaltigkeit (pp. 411–418). Springer Fachmedien Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-18706-4_38
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