Radiotelemetrie

  • Amrhein V
N/ACitations
Citations of this article
18Readers
Mendeley users who have this article in their library.
Get full text

Abstract

Telemetrie, nach den griechischen Wörtern für " fern " und " messen " , wur-de ursprünglich entwickelt, um mit kleinen Radiosendern physiologische Parameter wie den Herzschlag registrieren und übermitteln zu können, ohne das Tier oder den Menschen in seiner Bewegungsfreiheit einzu-schränken. Mit der fortschreitenden Miniaturisierung der Sender hat sich die Radiotelemetrie zu einem oft unverzichtbaren Hilfsmittel in vielen Bereichen der zoologischen Feldforschung entwickelt. Luchse, im Rahmen eines Wiederansiedlungs-Projektes von einem Gebiet in ein anderes ver-frachtet, können anhand ihres Telemetriesenders geortet und verfolgt wer-den. Telemetriesender können Informationen über Temperatur oder Bewe-gung von Tieren übermitteln, kodiert in Häufigkeitsänderungen der meist ein bis zwei kurzen Ortungssignale pro Sekunde. Albatrosse werden mit langlebigen und leistungsstarken Sendern ausgestattet, deren Signale wäh-rend der ausgedehnten Nahrungsflüge über dem Nord-Pazifik von Satelli-ten empfangen werden (Kap. 7.7 und 7.9). Die leichtesten heute erhältli-chen Sender sind für die Verwendung bei den kleinsten europäischen Säugetieren oder sogar bei größeren Käfern geeignet. Eine der Stärken der Radiotelemetrie ist, dass das Verhalten von Tieren in regelmäßigen Zeitabständen erfasst werden kann, ganz gleich ob zum Beispiel ein Vogel gerade singt, fliegt, oder schläft. Dadurch können sys-tematische Fehler bei der Datenaufnahme vermieden werden, mit denen Freilandbeobachtungen oft behaftet sind. Singvögel zum Beispiel sind vor allem im dichten Gebüsch kaum über einen längeren Zeitraum zu beobach-ten, so dass oft nur die Männchen aufgrund ihres Gesanges nachzuweisen sind. Weil revierbesitzende Männchen in der Stunde vor Sonnenaufgang fast ununterbrochen singen, ist man geneigt, festzustellen, dass zum Bei-spiel männliche Nachtigallen (Luscinia megarhynchos) frühmorgens im Allgemeinen stationär sind. Was aber, wenn frühmorgens nicht alle Männ-chen singen? Erst durch das Verfolgen von Nachtigallen, die mit einem Sender ausgestattet waren, konnte gezeigt werden, dass revierlose, nicht-singende Männchen vor Sonnenaufgang weiträumige Erkundungsflüge unternehmen und oft mehrere Reviere singender Männchen besuchen (Amrhein et al. 2004). Telemetriesender stellen mit ihrem Gewicht meist eine Belastung für das Tier dar, so dass es von zentraler Bedeutung ist, Sender auszuwählen, die das Verhalten der Tiere so wenig wie möglich beeinflussen. Im Vor-dergrund muss immer das Wohl der zu untersuchenden Tiere stehen. Als vorsichtig anzuwendende Faustregel kann gelten, dass das Gewicht des 7.8 Radiotelemetrie 181 Senders 5% des Tiergewichtes nicht übersteigen soll, wobei kleinere Tiere tendenziell etwas mehr Gewicht, größere dagegen prozentual eher weniger tragen können (Kenward 2001). Für die Telemetrierung kleinerer Tiere sind Sender mit einem minimalen Gewicht von 0,5 bis 1 g und einer Sen-dezeit von ein bis vier Wochen ab etwa 100 Euro erhältlich. Die einzelnen Individuen werden anhand der unterschiedlichen Frequenzen ihrer Sender identifiziert. Zum Registrieren der Radiosignale benötigt man einen Emp-fänger (ab etwa 700 Euro) und zum Beispiel eine Yagi-Antenne mit drei Elementen (Querstäben). Für Fang und Besenderung sind meist amtliche Bewilligungen erforderlich, und die freigegebenen Frequenzbereiche un-terscheiden sich von Land zu Land. Informationen zu Lieferanten von Ausstattung und Analyse-Software finden sich unter www.biotelem.org und in Kenward (2001) sowie Millspaugh u. Marzluff (2001). Eines der wichtigsten und sensibelsten Kapitel der Radiotelemetrie ist die Anbringung des Senders am Tier. Die Wahl der Methode hängt vor allem von der gewünschten Zeitdauer der Datenaufnahme ab, sowie natür-lich von der jeweiligen Studienart. Sollen die Sender nur einige Tage am Tier bleiben und danach von selber abfallen, so empfiehlt sich, die Sender in das Fell oder die Federn zu kleben. Dazu kann man möglichst hautver-trägliches Cyanoacrylat (" Sekundenkleber ") benutzen. Für längerfristigen Einsatz gibt es zum Beispiel mehrere Arten von Rucksäcken, deren Kon-struktion und Anbringung aber viel Übung und wenn möglich die Unter-weisung durch einen erfahrenen Anwender erfordern (Abb. 7.17). Prinzipiell muss man davon ausgehen, dass jede Methode, einen Sender anzubringen, sowie auch der in jedem Fall erforderliche Fang der Tiere, irgendeine Art von negativem Einfluss ausüben kann. Die kritische Frage Abb. 7.17. Telemetriesender mit Rucksackschlaufen und Nachtigall

Cite

CITATION STYLE

APA

Amrhein, V. (2007). Radiotelemetrie. In Methoden der Verhaltensbiologie (pp. 180–184). Springer Berlin Heidelberg. https://doi.org/10.1007/3-540-33495-5_14

Register to see more suggestions

Mendeley helps you to discover research relevant for your work.

Already have an account?

Save time finding and organizing research with Mendeley

Sign up for free