Grundzüge der Grenzschicht-Theorie

  • Schlichting H
  • Gersten K
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Abstract

In vielen technischen Anwendungen treten wegen der geringen Viskositäts-Werte Strömungen mit sehr hohen Reynolds-Zahlen auf. Wie in den Beispielen des vorigen Kapitels gezeigt wurde, stellt daher die Grenzlösung Re = ∞ eine gute Näherung dar. Ein schwerwiegender Mangel dieser Grenzlösung ist jedoch, daß sie die Haft-bedingung nicht erfüllt, d.h. bei ihr sind die Geschwindigkeiten an der Wand nicht null, sondern endlich. Die Viskosität muß daher berücksichtigt werden, um die Haft-bedingung erfüllen zu können. Sie sorgt für den Übergang der Geschwindigkeit vom endlichen Wert der Grenzlösung in Wandnähe zum Wert null direkt an der Wand. Dieser Übergang erfolgt bei großen Reynolds-Zahlen in einer dünnen wandnahen Schicht, die nach L. Prandtl (1904) als Grenzschicht oder auch Reibungsschicht be-zeichnet wird. Wie noch gezeigt wird, ist die Dicke der Grenzschicht um so geringer, je größer die Reynolds-Zahl, d.h. je kleiner die Viskosität ist. Das Grenzschicht-Konzept besagt also, daß Strömungen bei hohen Reynolds-Zahlen in zwei, wenn auch ungleich große, Gebiete aufgeteilt werden können. Im überwiegenden Teil des Strömungsgebietes kann die Viskosität vernachlässigt wer-den, d.h. die Strömung stimmt mit der viskositätsfreien Grenzlösung überein. Man spricht auch von der reibungslosen Außenströmung. Das zweite Gebiet ist die sehr dünne Grenzschicht an der Wand, bei der die Viskosität berücksichtigt werden muß. In der Grenzschicht können nun die beiden, im vorigen Kapitel bereits erwähnten verschiedenen Strömungsformen auftreten, mit anderen Worten, die Strömung in der Grenzschicht kann laminar oder turbulent sein. Man spricht dann von laminaren Grenzschicht-Strömungen oder kurz von laminaren Grenzschichten. Entsprechendes gilt für turbulente Grenzschichten. Die Aufteilung des Strömungsfeldes in die reibungslose Außenströmung und die Grenzschicht bringt, wie wir später noch sehen werden, für die theoretische Behand-lung der Strömungen mit hohen Reynolds-Zahlen eine erhebliche Vereinfachung. Durch diese Prandtlsche Idee sind diese Strömungen überhaupt erst der theoreti-schen Behandlung zugänglich gemacht worden. Bevor wir in den nächsten Kapiteln zur mathematischen Theorie der Grenzschicht kommen, die im Mittelpunkt des vorliegenden Buches steht, mögen in diesem Kapitel die Grundbegriffe der Grenzschicht-Theorie rein physikalisch, ohne Verwendung mathematischer Methoden, kurz erläutert werden.

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Schlichting, H., & Gersten, K. (1997). Grundzüge der Grenzschicht-Theorie. In Grenzschicht-Theorie (pp. 29–52). Springer Berlin Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-07554-8_2

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