Der multisensorische parietoinsuläre Kortex ist das menschliche Homolog des bei Primaten nachgewiesenen parietoinsulären vestibulären Kortex (PIVC). Dieses Hirnareal ist an der Wahrnehmung von Schwerkraft, Eigenbewegung und Raumorientierung beteiligt. Insbesondere leistet das vestibuläre System das Erkennen der Lage im Raum und die Bestimmung der Bewegung im Raum. In Aktivierungsstudien des menschlichen Gehirns zeigten sich Aktivierungen des PIVC während kalorischer oder elektrischer (galvanischer) Reizung des peripheren Vestibularapparates. Die bilaterale Aktivierung war besonders stark in der nichtdominanten Hemisphäre, d. h. bei Rechtshändern in der rechten Hemisphäre. Dagegen zeigte die Region des PIVC eine regionale Blutflussminderung (Deaktivierung) unter visueller optokinetischer Stimulation. Dies deutet auf eine reziproke hemmende Interaktion des visuellen und des vestibulären Systems hin. Der Mechanismus der hemmenden Interaktion ist sinnvoll, da er ermöglicht, das sensorische Gewicht während der Eigenbewegungswahrnehmung von einer sensorischen Modalität zur anderen zu verschieben, je nachdem welcher Stimulationsmodus vorherrscht: Körperbeschleunigungen (vestibulärer Eingang) oder Bewegungen mit konstanter Geschwindigkeit (visueller Eingang).
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Dieterich, M. (2006). Vestibuläres System und Störungen der vestibulären Raumorientierung. In Neuropsychologie (pp. 197–205). Springer-Verlag. https://doi.org/10.1007/3-540-28449-4_19
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