Oft wird „Parlamentssoziologie“ nur in einer sehr engen Bedeutung und letztlich gleichbedeutend mit dem Begriff der „Abgeordnetensoziologie“ verwendet ( Kaack 1988 ), nämlich als zusammenfassende Bezeichnung von Untersuchungen, die sich der Zusammensetzung von Parlamenten und dem sozialen Hintergrund von „legislativen Eliten“ sowie des Parlamentarieranteils an der „politischen Klasse“ widmen. Das ist auch ein gut etabliertes Forschungsfeld, auf dem — für Deutschland überwiegend in der „Zeitschrift für Parlamentsfragen“ — die nach jeder Wahl neu anstehende Pflicht zur „parlamentarischen Sozialberichterstattung“ erfüllt wird: Wie ist das neu gewählte Parlament zusammengesetzt? Welche Veränderungen gab es zumal nach Alter, Beruf, Religion oder Geschlecht, was letzteres seit gut 15 Jahren besonders gründlich untersucht wird (siehe Hoecker 1994 ; Sawer 2006 )? Warum gab es diese Veränderungen, und mit wohl welchen Folgen? Ferner will man immer wieder wissen, ob und wie neue Alterskohorten bzw. neue politische Generationen zunächst ein Parlament prägen und von ihm aus vielleicht das Regierungssystem. Obendrein führen größere Systemumbrüche immer wieder zur Untersuchung der von ihnen ausgelösten, oft auch parlamentarischen Elitenzirkulation ( Patzelt 1997 ; Lock 1998 ). Ergebnisse zu alledem führen dann weiter zu vergleichenden Fragestellungen: Sind bestimmte Phänomene wohl spezifisch für ein bestimmtes Land und sein Parlament — oder sind sie Ausfluss allgemeiner Entwicklungen, die einen grundsätzlichen Gesellschafts-, System- oder Parlamentswandel anzeigen ( Best/Cotta 2000 )? Solche Themen ziehen dann besonders stark an, wenn man ein Parlament für „um so repräsentativer“ hält, je zutreffender es — einer unverzerrten „repräsentativen Stichprobe“ gleich — die soziale Zusammensetzung der Repräsentierten widerspiegele.
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Patzelt, W. J. (2009). Parlamentssoziologie. In Politische Soziologie (pp. 311–351). VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-91422-0_12
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