Vergiftungen in der Schweiz

  • Reichert C
  • Degrandi C
  • Hofer K
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Abstract

1337 STIZ weITere organISaTIonen und InSTITuTIonen Schweizerische Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2012;93: 37 Zum Jahresbericht 2011 des Schweizerischen Toxikologischen Informationszentrums (STIZ) Vergiftungen in der Schweiz Das Tox-Zentrum führte im Jahr 2011 35 576 Beratun-gen durch, über 32 000 Beratungen zu Giftexpositionen und rund 3400 prophylaktischer Natur. Mehr als 15 000 Gift expositionen betrafen Kinder, 84 % davon jün-ger als 5 Jahre. Drei Viertel aller Vergiftungen geschehen mit Medikamenten, Haushaltsprodukten oder Pflanzen. Acht von elf Todesfällen gehen auf das Konto der Medika-mentenvergiftungen, die restlichen drei auf dasjenige der technisch-gewerblichen Chemikalien. Von den schweren Fällen sind 77 % durch Medikamente und 12 % durch Ge-nussmittel und Drogen verursacht. 55,3 % der Expositionen betrafen Kinder, mehrheit­ lich im Vorschulalter (84,1 % aller Expositionen bei unter 16jährigen traten bei Kindern < 5 Jahren auf). Bei der Geschlechtsverteilung war bei den Kindern ein leichtes Überwiegen der Knaben (51,4 % vs. 47,0 % Mädchen) und bei den Erwachsenen der Frauen (58,5 % vs. 40,9 % Männer) zu sehen. 89 % der knapp 23 000 unbeabsichtigten (akzidentellen) Vergiftun­ gen ereigneten sich im häuslichen Milieu, bei den gut 4900 beabsichtigten Intoxikationen trat die grösste Anzahl (67, 2 %) im Rahmen von Suizidversu­ chen auf. Schwere und tödliche Vergiftungen in der Schweiz 2011 Von 261 schweren [1] Vergiftungen mit Medikamen-ten (davon 8 Kinder) ereigneten sich 214 mit Mitteln für das Nervensystem, im wesentlichen Analgetika (v. a. Opioide, Paracetamol), Antiepileptika (am häu­ figsten Phenobarbital, Carbamazepin und Lamotri­ gin) und Psychopharmaka (Benzodiazepine n = 47, Antidepressiva n = 53, Antipsychotika n = 45, davon Quetiapin n = 23, Zolpidem, Zopiclon n = 9). Bei den übrigen schweren Medikamentenintoxikationen waren Präparate für den Gastrointestinaltrakt (Meto­ clopramid n = 2, Insulin n = 6, Kalium n = 1), für den Kreislauf (Phenprocoumon n = 2, Mannitol n = 1, D igoxin n = 2, Kalziumkanalblocker n = 5, Beta b loc k er n = 2, Clonidin n = 1, Propafenon n = 1) und für den Bewegungsapparat (Mefenaminsäure n = 4, Baclofen n = 1, Tizanidin n = 6, Tolperison n = 2) involviert. Bei den acht Todesfällen durch Medikamente waren bei sechs in suizidaler Absicht Insulin, Colchi­ cin, Trimipramin, Doxepin und in drei Fällen Parace­ tamol in unterschiedlicher Kombination eingenom­ men bzw. injiziert worden. Dazu kam eine unbeab­ sichtigte chronische Überdosierung von Metho trexat und Metamizol. In einem weiteren Fall führte eine Überdosierung von Oxycodon und Trazodon zu ei­ nem tödlichen Ausgang. Zusätzlich zu den Human­ arzneimitteln ereignete sich eine schwere Vergiftung mit einem Tierarzneimittel: Eine 26­jährige Frau wurde tief komatös und bradykard nach der Ein­ nahme xylazinhaltiger Injektionslösung. Sie erholte sich komplikationslos. Von den 41 schweren Vergiftungen mit Genuss-mitteln, Drogen und Alkohol betrafen 22 Alkoholver­ giftungen, eine Cannabis, fünf Halluzinogene und Stimulantien (inkl. Ecstasy), weitere fünf Kokain, und drei Opiate. Fünf (darunter ein 14­Jähriger) wa­ ren die Folge von Gammahydroxybutyrat (GHB), Gammabutyrolacton (GBL) oder 1,4­Butandiol. Bei den Alkoholvergiftungen wurden mit nur einer A usnahme auch noch Medikamente oder andere Drogen konsumiert. Chronischer Cannabiskonsum führte in einem Fall zu schwerem rezidivierendem Erbrechen («cannabinoid hyperemesis syndrome») [2]. LSD (Lysergsäurediethylamid), MDPV (Methy­ lendioxypyrovaleron) und Methamphetamin führte bei je einem jungen Mann zu einem psychotischen Zustand mit starker Agitation. In zwei Fällen führte die Einnahme von Ecstasy (MDMA) zu einem SIADH mit symptomatischer Hyponatriämie (117 b zw. 124 mmol/L)l mit einem generalisierten Krampf­ anfall und Koma, einmal zusätzlich zu einer Hyper­ Hugo Kupferschmidt, Christine Rauber-Lüthy Korrespondenz: Dr. med. H. Kupferschmidt, MBA­HSG Direktor Schweizerisches Toxikologisches Informations­ zentrum (STIZ) Freiestrasse 16 CH­8032 Zürich Tel. 044 251 66 66 Fax 044 252 88 33 hkupferschmidt[at]toxi.ch empoisonnements en Suisse en 2011, le Centre suisse d'information toxicolo-gique (Tox) a réalisé 35 576 consultations. en chiffres ronds, 32 000 concernaient des expositions à des produits toxiques et 3400 étaient de nature prophy-lactique. Plus de 15 0 00 expositions à des produits toxiques ont concerné des enfants; 84 % d'e ntre eux avaient moins de 5 ans. Trois quart de tous les em-poisonnements ont lieu avec des médicaments, des produits ménagers ou des plantes. Huit décès sur onze sont dus à des empoisonnements médicamen-teux et les trois autres à des produits chimiques de l'industrie et du bâtiment. Parmi les cas graves, 77 % ont été causés par des médicaments et 12 % par des denrées de luxe et des drogues. 1 Der Schweregradbewer­ tung im Tox­Zentrum liegt der Poisoning Severity Score zugrunde (Persson HE et al. Clin Toxicol 1998;36:205-13). 2 Donnino MW, Cocchi MN, Miller J, Fisher J. Cannabinoid hyperemesis: A case series. J Emerg Med. 2011 ;40:e63-6.

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Reichert, C., Degrandi, C., & Hofer, K. E. (2022). Vergiftungen in der Schweiz. Schweizerische Ärztezeitung. https://doi.org/10.4414/saez.2022.20596

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