Der Einfluss von Organisationen auf das Handeln von Ärzten und Ärztinnen und die Problematik des Umgangs mit Nichtwissen in einer komplexen Organisation wie dem Krankenhaus wurde aus organisationstheoretischer Perspektive bislang kaum thematisiert. Nach wie vor wird zur Charakterisierung von Krankenhäusern meist auf das Konzept der „professional bureaucracy`` rekurriert. Die zentrale Annahme dieses Konzepts besteht darin, dass die Mitglieder dieses Organisationstyps Experten mit viel Wissen und einem hohem Grad an Individualität sind. Im Gegensatz zu anderen Organisationstypen, stellt laut Glouberman und Mintzberg (2001) die wichtigste Ressource des Krankenhauses vor allem die Expertise und das Wissen der Ärzte dar. Die Professionsforschung rekurriert ebenfalls auf den Aspekt der exklusiven Wissensressourcen, um die Arbeit und die professionelle Autonomie von Ärzten zu charakterisieren. Doch ärztliches Handeln gerät durch verschiedene Umstände immer wieder an Wissensgrenzen. Neben den gerade kurz skizzierten Merkmalen zeichnen sich Krankenhäuser und damit die Handlungssituationen der Ärzteschaft gegenüber anderen Expertenorganisationen noch durch drei weitere grundlegende Unterschiede aus, die Badura wie folgt zusammenfasst: Erstens sind Patienten Bestandteil im „Produktionsprozess``, da man auf die Mitarbeit der zu Versorgenden angewiesen ist, zweitens werden Menschen „bearbeitet`` und drittens sind seelische, soziale und biologische Prozesse nicht vollkommen beherrschbar. Patienten sind nicht nur Konsumenten der ärztlichen Dienstleistung, d. h. der Wiederherstellung ihrer Gesundheit, vielmehr sind sie an diesem „Produktionsprozess`` auch aktiv beteiligt. Diese drei Merkmale machen deutlich, dass die professionellen Akteure der Expertenorganisation Krankenhaus vor eine Reihe von Einflussfaktoren gestellt werden, derer sie sich zum Teil zwar bewusst sind, die sie aber zum Teil nicht beeinflussen können. Ärzte müssen also tagtäglich Entscheidungen unter Unsicherheit treffen und Strategien entwickeln, wie sie mit ihrem Nichtwissen umgehen.
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Wilkesmann, M., & Jang-Bormann, S. R. (2015). Führt Nichtwissen zu Unsicherheit in der Organisation Krankenhaus? In Organisation und Unsicherheit (pp. 213–232). Springer Fachmedien Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-531-19237-6_13
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