Für eine wirklich virtuelle Impression ist es nicht ausreichend, in einen kleinen Guckkasten zu blicken oder auf einen Bildschirm zu starren. Der fesselnde Eindruck einer virtuellen Erzählung im Weinbaumschen Sinne ist so nicht zu erreichen und von der Lemschen Phantomatik ist man beliebig weit entfernt. Es scheint also geboten, noch weitere Sinne zu reizen. Das Publikum erweitert seinen Handlungsspielraum und wird vom reinen Voyeur zum Akteur. Der Stuhl, auf dem ein Betrachter sitzt, wird zum Motorrad, Auto oder gar zum Flugzeug. Wind umspielt den Piloten des virtuellen Flugzeugs, man riecht den Geruch von Auspuffgasen und hält anstelle einer Computermaus einen Steuerknüppel in der Hand. Die Interaktion mit der virtuellen Welt bedingt die Kenntnis der Blickrichtung des Interakteurs. Dazu werden geeignete Sensoren an unterschiedlichen Stellen des Körpers angebracht, mit denen sich nun die Stellung der Hände, der Finger, der Beine oder des Kopfes bestimmen lässt. Der Wunsch, die virtuelle Welt zu realisieren, lässt die Menschen seit Ovids Zeiten von der Materialisierung der Gedanken träumen. Mit Pygmalions Belebung seiner geliebten Galatea gibt es dafür auch ein scheinbares Zeugnis. Ideen lassen sich heute in reale Dinge umsetzen, wenn man dazu einen 3D-Drucker verwendet. Noch ist nicht möglich, virtuelle Objekte wie auf dem Holodeck des Raumschiffs Enterprise tatsächlich auch real entstehen zu lassen. Aber, wer weiß…?
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Grasnick, A. (2020). Virtuelle Räume. In Grundlagen der virtuellen Realität (pp. 299–364). Springer Berlin Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-60785-5_5
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