Methoden der Biologischen Psychologie

  • Birbaumer N
  • Schmidt R
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Der amerikanische Psychologe Karl S. Lashley (1880–1958) trainierte Ratten, auf 2 Lichtreize mit 2 unterschiedlichen Verhaltensweisen zu reagieren: Durch unmittelbare Belohnung der jeweils richtigen Reaktion lernten die Tiere rasch, beim Lichtreiz A mit der einen Pfote und beim Lichtreiz B mit der anderen Pfote zu drücken. Danach zerstörte Lashley einen Großteil der Verbindungen zwischen den Großhirnarealen, indem er eine Vielzahl von Schnitten im Gehirn der Tiere anbrachte. Auch nach fast völliger Zerstörung der Verbindungen und Kortexregionen konnten die Tiere das gelernte Verhalten reproduzieren. Daraus und aus vielen anderen, ähnlichen Experimenten schloss Lashley, dass zumindest am Kortex keine speziellen „Zentren“ für Lernen und Gedächtnis existieren, sondern dass alle Großhirnareale gleich (equi-) geeignet (-potenzial) für die Etablierung von Gedächtnisspuren (Engrammen) seien. Dieser Auffassung einer Äquipotenzialität für Lernprozesse wurde von 2 Neurochirurgen, W. Penfield und T. Rasmussen, energisch widersprochen: Schon nach relativ kleinen Zerstörungen oder Reizungen in temporalen Regionen während Hirnoperationen an Patienten traten deutliche Gedächtnisstörungen auf. Auch die Wiederholung der Eingriffe an Tieren erbrachte Ausfälle in der Lern- und Gedächtnisleistung. Betrachtet man diese Widersprüche rein theoretisch, so erscheinen sie kaum auflösbar; Lokalisationisten und Vertreter der Äquipotenzialität standen einander im 19. und 20. Jahrhundert stets ohne gegenseitiges Verständnis gegenüber. Dabei handelt es sich um einen Konflikt, der nur durch 2 verschiedene methodische Zugänge bedingt ist. Im Fall von Lashley unterbrach er die Verbindungen innerhalb des Kortex, während die Neurochirurgen auch die Verbindungen zu subkortikalen Regionen zerstörten.

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Birbaumer, N., & Schmidt, R. F. (1999). Methoden der Biologischen Psychologie (pp. 483–511). https://doi.org/10.1007/978-3-662-06097-1_21

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