Alkohol und Psychologie

  • Rist F
  • Demmel R
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tenssteuerung von vielfältigen externen steuernden Fak-toren zu vergleichsweise wenig internen Faktoren, wobei mit zunehmender Frequenz und Menge des Konsums auch qualitative Veränderungen des Erlebens einherge-hen. Dadurch ergibt sich die paradoxe Situation, dass ab-hängiges Konsumverhalten bei Tier und Mensch ähnli-cher und damit leichter neurobiologisch zu erklären ist als lediglich missbräuchlicher oder riskanter Konsum. Am Bespiel des Alkoholkonsums wird leicht deutlich, welche Fülle von sozialen, sozialpsychologischen und psycholo-gischen Faktoren den initialen Konsum, aber auch die Konsumwirkung selbst beeinflussen: Alkoholkonsum wird von anderen Menschen gelernt, mit anderen zusam-men ausgeführt und ist gesellschaftlich in eine Fülle von sozial bestimmten Situationen eingebunden. Soziale Fak-toren beeinflussen damit sowohl, ob jemand Alkohol ver-sucht oder nicht, als auch individuelle Trinkmuster und Trinkmengen im weiteren Verlauf. Mit der sozialen Einbin-dung gehen unterschiedliche Erwartungen bezüglich der positiven Wirkung von Alkohol, wie auch bezüglich der Konsequenzen einher. Hierbei gleicht ein Konsument so-zial vermittelte Erwartungen mit seiner individuellen Er-fahrung in einem sequentiellen Prozess ab. Trinkgewohn-heiten verändern sich über die Lebensspanne, wiederum mitbestimmt durch soziale Normen, wesentlich aber auch durch die Ausdifferenzierung der subjektiven Erfahrun-gen mit der Alkoholwirkung. Wann getrunken wird, welche Menge einem akzeptabel erscheint, welche Wir-kungen man damit erreichen will – Alkoholtrinken ist in mancher Hinsicht ein lebenslanger Lern-und Entschei-dungsprozess, geregelt durch komplexe und damit auch fehleranfällige Selbststeuerungsvorgänge. Wesentlichen Anteil daran haben nicht nur die Erfahrung der Stim-mungsveränderung, sondern kognitive Steuerungsele-mente wie Einstellungen, Motive, Erwartungen und Attri-butionen. Die Kenntnis solcher Zusammenhänge und Wirkmechanismen ist gegenwärtig noch unvollständig, aber unerlässlich für erfolgreiche Präventions-und Inter-ventionsmaßnahmen. Viele wohl gemeinte Vorschläge zur Verhaltensänderung seitens des Arztes – allerdings auch groß angelegte Präventionsstudien – scheitern da-ran, dass die Komplexität der Steuerung des riskanten, nichtabhängigen Konsums unterschätzt wird. Wie entste-37.1 Trinkmotive – 489 37.2 Alkoholwirkungserwartungen – 489 37.3 Erwartungsbildung beim Erlernen von Alkoholkonsum – 490 37.4 Stress und Alkohol – 491 37.5 Toleranzentwicklung – 492 37.6 Psychologische Risikofaktoren für Alkoholprobleme – 493 37.7 Ausblick – 494 Literatur – 495   Konsumenten von Alkohol geben bei Befragung in der Regel an, dass sie Alkohol wegen seiner positiven Auswir-kungen auf ihre Stimmung trinken. Dies scheint unmittel-bar einleuchtend, da die Aussage einige der vielfältigen pharmakologischen Wirkungen reflektiert, die Alkohol im ZNS entfaltet und die auch im Tierversuch darstellbar sind. Alle neurobiologischen Erklärungsmodelle des Ge-brauchs psychotroper Substanzen beinhalten das Kon-zept, dass sie Systeme des Gehirns aktivieren, die sich in der Evolution als motivationale Instanzen für überlebens-wichtiges Verhalten (Selbsterhaltung und Fortpflanzung) herausgebildet haben. Psychotrope Substanzen aktivie-ren diese Zentren direkt, unter Umgehung der oft lang-wierigen und oftmals nicht erfolgreichen Verhaltensab-läufe, die sonst zur Aktivierung dieser Belohnungszentren nötig sind (Hyman 1994). Neurobiologische Befunde machen insbesondere die Veränderungen im Erleben und Verhalten bei bereits aus-gebildeter Substanzabhängigkeit deutlich. Das Erleben von Alkoholwirkungen ist jedoch nicht allein durch die pharmakologische Wirkung determiniert. Jede Substanz-abhängigkeit setzt zunächst den nichtabhängigen Kon-sum einer Substanz voraus, der von anderen Prozessen gesteuert wird als das abhängige Verhalten. Bei der Ent-wicklung einer Abhängigkeit verlagert sich die Verhal-▼ ▼

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Rist, F., & Demmel, R. (2005). Alkohol und Psychologie. In Alkohol und Alkoholfolgekrankheiten (pp. 488–495). Springer-Verlag. https://doi.org/10.1007/3-540-26446-9_37

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