Beobachtungen der erziehungs- und sozialwissenschaftlichen Jugendforschung in den zurückliegenden Jahrzehnten erzeugen zwei widersprüchliche Eindrücke. Erstens scheinen in der Jugendforschung spätestens seit Ende der 1980er Jahre empirische und theoretische Sichtweisen zu dominieren, die von der Annahme ausgehen, dass gesellschaftliche Pluralisierungs- und Individualisierungsvorgänge die unterschiedlichen Formen jugendlicher Vergemeinschaftung neu modellieren. Im Kontext dieser Sichtweise werden kulturelle Mobilitäts- und Pluralisierungsprozesse, die deutlich ausgewiesene Bildungsbeteiligung und die zunehmende Präsenz von Mädchen und Frauen in allen Bereichen des Bildungssystems sowie ein insgesamt sich durchlässiger gestaltendes Bildungssystem als deutliche Hinweise für eine Auflockerung sozialer, kultureller und ethnisch geprägter Ungleichheitslagen verstanden. In den öffentlichen Diskussionen wird dabei zeitweise sogar implizit davon ausgegangen, dass Schullaufbahnentscheidungen weitgehend emanzipiert vom sozioökonomischen Status der Eltern sowie den hier verorteten Bildungskapitalien und Sozialisationseffekten getroffen werden respektive getroffen werden können. Im Kontext der Jugendforschung präferieren insbesondere poststrukturalistisch gefärbte Perspektiven (vgl. u.a. Zinnecker 1987; Fuchs-Heinritz/Krüger 1991; Silbereisen/Vaskovics/Zinnecker 1996; Ferchhoff/Neubauer 1997; Hitzler/Bucher/Niederbacher 2001) diese Sichtweise und konkretisieren den Vorschlag, von Jugendbildern Abschied zu nehmen, die sich allzu deutlich an der sozial-strukturellen Segmentierung der Gesellschaft binden.
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Thole, W., & Schoneville, H. (2010). Jugendliche in Peer Groups und soziale Ungleichheit. In Freundschaften, Cliquen und Jugendkulturen (pp. 141–165). VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-92315-4_8
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