Warum eine Risikoabschätzung und Grenzwertsetzung für Mikrokunststoffe in der aquatischen Umwelt problematisch ist

  • Fürhacker M
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Abstract

Kunststoffe sind allgegenwärtig und werden in allen aquatischen Umweltkompartimenten den Meeren, in Flüssen, an Stränden, den Sedimenten und in der gesamten Wassersäule und auch innerhalb von Biota gefunden. Durch dessen Zerfall entstehen kleinere Bruchstücke, die unter den Begriff Mikroplastik (MP) fallen. Ein besonderes Problem in der Diskussion stellt die Definition von Mikroplastik dar. Die obere Grenze von 5 mm ist von den EU-Mitgliedsstaaten und vielen internationalen Organisationen akzeptiert, aber die Definition einer unteren Grenze ist sehr verschieden, z. B. umfasst sie bei ECHA 1 nm oder bei EFSA 100 nm oder 1 µm. Ziel dieses Artikels ist es, verschiedene Informationen und Kenntnisse aber auch offene Fragen über MP in der Umwelt zusammenzuführen und die komplexen Zusammenhänge in Hinblick auf MP, dessen Definition, Untersuchungsmethodik und die damit verbundenen Probleme für eine Risikoabschätzung und Grenzwertsetzung aufzuzeigen. Neben der Definition, sind auch die Methoden zur Probenahme und Analyse und Zuordnung zu Partikelgrößen und die Erfassung der relevanten Wirkungen noch nicht standardisiert. Aktuell erfolgt die quantitative Bestimmung von MP hauptsächlich über mikroskopische, spektroskopische oder thermoanalytische Methoden, wobei es nur mit spektroskopischen Verfahren möglich ist, die Partikelanzahl, die Partikelgröße und das Material zu bestimmen, die aber nur bis zu Größen von 20 µm (FTIR) bzw. 1 µm (Raman) verlässliche Daten liefern. Die potenziellen toxischen Einflüsse einer Exposition gegenüber MP können vielfältig sein und von Fütterungsstörungen, Verletzungen und Geschwüren, Verstopfungen des Verdauungstrakts, bis hin zu verminderter Reproduktionsleistung, Störungen des Energiestoffwechsels, bzw. Veränderungen der Leberphysiologie reichen. Die wenigen verfügbaren Daten zu den Wirkungen zeigen, dass Partikel im Nanobereich signifikant wirksamer sind als solche im µm Bereich. Über indirekte Gefahren durch die Polymere selbst über Restmonomere oder Polymeradditive oder an MP adsorbierte Umweltschadstoffe, gibt es wenige Studien, die den spezifischen Einfluss der Kontamination von der Wirkung des MP trennen. Da die Expositionsdaten mit den Wirkdaten, wegen der fehlenden Größenklassen, nicht ohne weiters vergleichbar sind, ist eine Risikobewertung und Grenzwertsetzung schwierig und auch fraglich, weil das Risikomanagement in der Umwelt problematisch ist. Obwohl verschiedene Experten, die vorläufige Risikoabschätzungen durchgeführt haben, ein konkretes Risiko durch MP (in der untersuchten Größe zumeist >300 µm) im aquatischen Bereich ausschließen, wählt die ECHA und die UNEP einen Vorsorgeansatz in dem sie die Verwendung von MP (Definition 1 nm–5 mm) stark einschränkt und MP auf die Liste XV (substances of very high concern) setzt. Dies wird damit begründet, dass MP persistent ist, leicht aufgenommen wird, dadurch in die Nahrungskette gelangt und potenzielle Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit haben kann und es unmöglich ist MP aus der Umwelt zu entfernen.Plastics are omnipresent and are found in all aquatic environmental compartments of the oceans, in rivers, on beaches, in the sediments and in the entire water column and also within biota. When it decays, smaller fragments are formed which finally end up as microplastics. A particular problem in the discussion is the definition of microplastics. The upper limit of 5 mm is accepted by the EU member states and many international organizations, but the definition of a lower limit is very different, e.g. it includes 1 nm for ECHA or 100 nm or 1 µm for EFSA. The aim of this article is to compile various information and knowledge as well as open questions about MP in the environment and to show the complex relationships with regard to MP, its definition, investigation methodologies and the associated problems for a risk assessment and standard setting.In addition to the definition, the methods for sampling and analysis and assignment to particle sizes and the investigation of the relevant effects are not yet standardized. Currently, the quantitative determination of MP is mainly carried out using microscopic, spectroscopic or thermo-analytical methods, whereby it is only possible with spectroscopic methods to determine the number of particles, the particle size and the material, but reliable data are only observed up to sizes of 20 µm (FTIR) or 1 µm (Raman). The potential toxic effects of exposure to MP can be diverse and range from feeding disorders, injuries and ulcers, constipation of the digestive tract to reduced reproductive performance, disorders of energy metabolism, or changes in liver physiology. The few data available on the effects show that particles in the nano range are significantly more effective than those in the µm range. There are few studies on the indirect dangers posed by the polymers themselves via residual monomers or polymer additives or environmental pollutants adsorbed to MP, which separate the specific influence of contamination from the effect of MP itself. Since the exposure data are not readily comparable with the impact data due to the lack of size classes, risk assessment and setting limits is difficult and also questionable because risk management in the environment is problematic. Although various experts who have carried out preliminary risk assessments negate a specific risk from MP (mostly >300 µm) for the size examined in the aquatic environment, ECHA and UNEP choose a precautionary approach for the use MP (definition 1 nm–5 mm) and place MP on List XV (substances of very high concern). This is due to the fact that MP is persistent, easily taken up and thereby entering the food chain and have potential negative effects on human health and it is impossible to remove MP from the environment.

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Fürhacker, M. (2020). Warum eine Risikoabschätzung und Grenzwertsetzung für Mikrokunststoffe in der aquatischen Umwelt problematisch ist. Österreichische Wasser- Und Abfallwirtschaft, 72(9–10), 361–369. https://doi.org/10.1007/s00506-020-00698-1

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