Der vorliegende Aufsatz liefert einen Beitrag zu einem Bezugsrahmen, der geeignet ist, "Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen den Sozialstaats'kulturen', der Bedarfs- und Bedürfnispolitik sowie den Systemen sozialer Sicherung" zu diskutieren. Er geht zurück auf eine ländervergleichende Untersuchung von Sozialpolitik als Geschlechterpolitik. Die Untersuchung bezieht sich auf vorhandene komparative Ansätze zum Sozialstaat, die unter einer geschlechterpolitischen Perspektive betrachtet werden. Sie verfährt typisierend, komparativ und feministisch-kritisch. Dabei werden u.a. folgende Fragen behandelt: Wer und welche Gruppen von Frauen erbringen für welche Personen und in welcher Form, wie abgesichert und mit welcher Perspektive notwendige Dienste? Welche Optionen, Restriktionen oder Risiken werden für Männer und Frauen durch die Sozialpolitik institutionalisiert? Als Fazit wird festgehalten, das "allen welfare regimes" implizit ein "Geschlechtervertrag" zugrundeliegt, der besagt, daß Frauen erwerbstätig sein sollen, können, dürfen, solange sie weiterhin die alltäglichen Sorgearbeiten übernehmen und dadurch mit Männern nicht konkurrieren. (pag) Informationsquelle:GESIS - Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften "[…] Die fortschreitende europäische Integration, die Transformationsprozesse, in den Ländern Osteuropas, im kleineren Maßstab: die Vereinigung der so verschiedenen beiden deutschen Staaten einerseits, Diskussionen um den wie auch Politiken des Um- und Abbaus des Sozialstaats in den einzelnen westlichen Nationalstaaten andererseits verlangen mehr denn je einen Bezugsrahmen, der geeignet ist, Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen den Sozialstaats“kulturen“, der Bedarfs- und Bedürfnispolitik sowie den Systemen sozialer Sicherung zu diskutieren. Nachfolgende Überlegungen sind ein sehr vorläufiger Beitrag zur Entwicklung solch eines Bezugrahmens. Sie entstanden im Zusammenhang mit einer länder- bzw. kulturvergleichenden Untersuchung von Sozialpolitik als Geschlechterpolitik, deren Ausgangs- und Schwerpunkt zunächst der Vergleich des westdeutschen und des britischen Sozialstaatsregimes war. Folgende Fragen leiten unsere vergleichende Perspektive: Wie regulieren Sozialstaat und Sozialpolitik Geschlechterverhältnisse, Frauen- und Männerleben, das Zusammenspiel zwischen beiden, - aber auch das zwischen verschiedenen Gruppen und Generationen von Frauen? Welche Optionen, welche Restriktionen oder Risiken im Lebenslauf werden für Frauen und Männer durch Sozialpolitik institutionalisiert? Was sind frauenspezifische Erfahrungen im Umgang mit dem Sozialstaat in den einzelnen Ländern? Wer, welche Gruppen von Frauen erbringen für welche Personen in welcher Form, wie abgesichert, mit welcher Perspektive notwendige Dienste? Um solche Fragen zu untersuchen, haben wir vorhandene komparative Ansätze einer geschlechterpolitischen Perspektive unterzogen. Unsere Untersuchung verfährt (ideal)typisierend, komparativ und feministisch im kritischen Sinn. Die idealtypische Begriffsbildung eignet sich immer dann, wenn es darum geht, ein neues Feld begrifflich zu erschließen. Die begriffliche Vereinseitigung und Überspitzung, die den Idealtypus kennzeichnet, kann ein wenig Ordnung in die verwirrende Vielfalt der länderspezifischen Besonderheiten bringen. Der komparative Blick von außen nach innen (und zurück) schärft das Auge für die eigene nationale Besonderheit und ihre Geschichte. Wir folgen damit wenigstens zwei der vier von Antony Giddens für die Analyse gesellschaftlicher Entwicklung aufgestellten Gebote: "Vermeide Überverallgemeinerungen auf der Grundlage einer einzigen Gesellschaft“; "Beachte den internationalen Kontext sozialer Strukturen und Prozesse“. Diese Gebote betonen zugleich den vorläufigen Status der Analyse. In feministisch-kritischer Perspektive untersuchen wir die Selektivität oder gar Blindheit gegenüber dem Geschlechterverhältnis, die Begriffsbildungen und anderen Konstruktionen unterliegen. Aufdeckende Fragen wären dann z.B.: Wie kommen Frauen im jeweiligen Typus, im welfare regime, vor, indem sie – wie so oft – nicht explizit vorkommen? Welches Verhältnis der Geschlechter, welches zwischen Frauen, welche Arbeitsteilungen werden jeweils vorausgesetzt, unterstellt oder unter der Hand anvisiert?" (S. 304f) Inhalt I. Sozialpolitik als Geschlechterpolitik II. "Welfare regimes" in geschlechterpolitischer Perspektive 1. Neuere Typologien: Esping-Andersen "welfare regimes" und Leibfrieds Wohlfahrtsstaats-Typologie 2. Ansätze zu einer geschlechterspezifischen Typologie (1) Das Skandinavische - oder "moderne" - Modell: eine staatlich gestützte, weibliche Dienstleistungsgesellschaft (2) Ständisch-korporativ seit Bismarkck? Das sozial "konservativ-institutionelle" Modell (3) Exkurs: Frankreich - "Arbeitende Familien als Bürger" (4) Das liberale oder residuale Regime oder: "Folgt England den Amerikanern?" III: Ausblick
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Langan, M., & Ostner, I. (1991). Geschlechterpolitik im Wohlfahrtstaat: Aspekte im internationalen Vergleich. Kritische Justiz, 24(3), 302–317. https://doi.org/10.5771/0023-4834-1991-3-302
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